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»Marder« lernen Polnisch

Verteidigungsministerin verrät auf Sommertour fast nebenbei eine neue Stufe der militärischen Kooperation

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Panzergrenadier-Bataillon der Bundeswehr wird demnächst unter polnisches Kommando gestellt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verstärkt die Ostflanke der NATO.

Mecklenburg-Vorpommern ist ein hochfrequentiertes Land der Bundesrepublik. Der Beweis: Kanzlerin Angela Merkel ließ sich am Donnerstag in ihrem Wahlkreis blicken. Familienministerin Manuela Schwesig stellte am selben Tag in Waren eine neue Briefmarke vor und Ursula von der Leyen besuchte ihre Truppen in der Nord-Ost-Region. Sie wirkte entspannt. Kein Wunder, denn eigentlich lief es in dieser Woche ganz gut für die Verteidigungsministerin. Seit Montag kann der erste und vorerst einzige A400M-Transporter der Luftwaffe, der nach dem Absturz eines baugleichen Typs in Sevilla seit Wochen am Boden bleiben musste, wieder starten. Seit Dienstag dürfen Bundeswehrsoldaten wieder Helm tragen, weil sich das Problem mit einer Schraube offenbar erledigt hat. Am Mittwoch musste die Inhaberin der Befehlsgewalt im Kabinett mal keine unangenehme Fragen zu Rüstungsprojekten beantworten und am Donnerstag konnte Ursula von der Leyen ihre diesjährige Sommertour fortsetzen. Bei schönstem Sommerwetter. Morgens in Warnemünde bei der Marine, die gerade wieder über 200 Bootsflüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet hatte, danach landete ihr Hubschrauber bei Panzergrenadieren in Torgelow/Viereck. Dort sah sie sich zunächst - von Oropax geschützt - den siegreichen und opferlosen - Feuerkampf zweier »Marder«-Schützenpanzer an. Sie ließ sich Waffen und Funktionen der Infanteristen zeigen, zog sich dann mit der Führung in einen Bunker zurück, um dort im Dunkel den Durchblick zu üben. Per Nachtsichtgerät. An der bisher zu knappen Ausrüstung dürfe nicht gespart werden. Dann wurde ein Feldjäger-Hund gestreichelt bevor es richtig politisch wurde.

Fast nebenbei verkündete die Ministerin, dass demnächst ein Bataillon der besuchten Grenadierbrigade unter polnischem Kommando stehen werde. Das Austauschverfahren sei im vergangenen Jahr zwischen beiden Ländern vereinbart worden. Die polnische Armee unterstellt dafür ein Panzerbataillon deutschem Kommando. So ergänze man sich und werde schlagkräftiger. Auch der Ausbau des Nord-Ost-Korps, dessen Stab in Szczecin sitzt, mache - wie sie es bei der vergangenen NATO-Tagung in Wales versprochen hat - Fortschritte. Noch, so ergänzte der zuständige Brigadegeneral Jürgen-Joachim von Sandraft, werde man die deutsch-polnischen Einheiten nicht dem Nord-Ost-Korps unterstellen, doch gemeinsame Übungen sind schon für November geplant. Sie sollen in der Gegend von Warschau stattfinden.

Knapp 5000 Mann ist die Panzergrenadierbrigade 41, zu der auch die Einheit gastgebende Einheit in Torgelow/Viereck gehört, stark. 1200 Soldaten bereiten sich derzeit auf Auslandseinsätze vor. Ein Teil wird im Rahmen der Afghanistan-Mission »Resolute Support« eingesetzt. Ob Oberstabsgefreiter René Günther an den Hindukusch gehen wird, weiß der 28-Jährige nicht. Er fühlt sich wohl in seinem Job als Fahrer eines Schützenpanzers »Marder«. Er hat seinen »Traumjob« gefunden, schätzt die gebotene Abwechslung und Herausforderungen. Über soziale Sicherheit spricht er nicht, doch Sozialwissenschaftler der Bundeswehr haben belege dafür, dass nicht die in der Werbung an erster Stelle genannten Karriere- und Aufstiegschancen, sondern soziale Geborgenheit für die Masse der Freiwilligen ein wesentliches Motiv ist, oft für Jahrzehnte eine Uniform zu tragen.

60 000 Bewerber brauche man, um die jährlich nötigen 20 000 Soldatinnen und Soldaten herauszufiltern, erläuterte die Ministerin. Im vergangenen Jahr konnte man 3000 über das Soll hinaus rekrutieren. Auch in diesem Jahr sind bereits Bewerbungen von rund 35 000 jungen Leuten eingegangen. Das sei unter anderem ein Erfolg ihrer Attraktivitätsoffensive, sagte von der Leyen. Allein in den Standort Torgelow/Viereck wurden jüngst drei Millionen Euro investiert, zwei weitere Millionen sollen demnächst folgen. Was Wunder, dass die Bevölkerung der strukturschwachen Region hochzufrieden ist mit ihren Soldaten. So jedenfalls hat man es von der Leyen berichtet.

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