Aufruf zum Verfassungsbruch

Velten Schäfer über die Kampagne zur Abschreckung von Balkanflüchtlingen

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 1 Min.

»Wenig hilfreich«, so Katrin Göring-Eckardt, sei des Migrationsamtschefs Idee, Flüchtlingen vom Westbalkan ans »Taschengeld« zu gehen. Tatsächlich ist dessen anhaltendes Plädoyer, »Chancenlose« von Anfang an einer Sonderbehandlung zu unterwerfen, ein nonchalanter Aufruf zum Verfassungsbruch durch eine Bundesbehörde.

Zynisch genug, diese Staaten als »sicher« einzustufen, weil die Sinti und Roma, um die es meist geht, nur gesellschaftlich und nicht per Gesetz diskriminiert werden - und daher anzuweisen, sie im Regelfall abzuwimmeln. Selbst die Schweiz anerkennt mehr als jeden dritten serbischen Flüchtling. Ungeheuerlich ist es aber, im pauschalen Vorgriff auf das unterstellte Ergebnis eines schwebenden rechtsstaatlichen Verfahrens Ungleichbehandlungen anordnen zu wollen. Dann kann man das Asylrecht auch abschaffen. Die Verfassung kennt »sichere« Staaten, gibt aber jedem das Recht, den Einzelfall darzulegen. Vor einem Bescheid sind alle gleich. Zu schweigen davon, dass es Karlsruhe wie die EU verbieten, aus migrationspolitischen Gründen am Existenzminimum zu kürzen.

Gerade der Chef jener Behörde, die über dieses Verfassungsrecht verantwortungsvoll entscheiden soll, tut sich also dergestalt hervor: Nähme man den Asylartikel noch ernst, wäre nur eine einzige Konsequenz möglich.

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