Russland verbietet US-Stiftung
Auch Nachtwölfe lieferten Hinweise gegen »unerwünschte« NGO
Nichts geht mehr für die US-amerikanische »Stiftung zur Unterstützung der Demokratie«. Jedenfalls nicht in Russland. Sie darf keine Projekte mehr umsetzen, im russischen Segment des Internets keine Informationen verbreiten und über russische Banken keine Geldgeschäfte abwickeln. Natürlich muss sie ihre Repräsentanz in Moskau schließen. So beschloss es am Dienstag das Gericht.
Die Stiftung ist die erste von insgesamt zwölf ausländischen nichtstaatlichen Organisationen (NGO), die Anfang Juli als unerwünscht gelistet wurden. Das Gesetz dazu hatte die Duma Ende Mai verabschiedet. Organisationen der Zivilgesellschaft und Stiftungen, die eine Bedrohung für die nationale Sicherheit Russlands und dessen verfassungsmäßige Ordnung darstellen, wird die Tätigkeit untersagt. Vorschlagsberechtigt sind der Senat, das Außenministerium, der Inlandsgeheimdienst FSB und die Generalstaatsanwaltschaft. Sie müssen Anträge begründen, ein Gericht überprüft, ob die Vorwürfe gerechtfertigt sind.
Der »Stiftung zur Unterstützung der Demokratie« wurden unter anderem »die Diskreditierung des Wehrdienstes in der Russischen Föderation« und »Einmischung in Wahlen« zum Verhängnis. In den Jahren 2013 und 2014 habe der Fonds »zu solchen Zwecken russischen kommerziellen und nichtkommerziellen Strukturen« Unterstützung in einem Umfang von 5,2 Millionen Dollar geleistet, erklärte die Staatsanwaltschaft.
Jede vierte russische NGO, die mit westlichen Fördermitteln arbeitet und sich daher seit 2013 als »ausländischer Agent« registrieren lassen muss, stand offenbar auf der Empfängerliste der den Republikanern nahe stehenden US-Stiftung. Die war Moskau schon bei sogenannten bunten Revolutionen im postsowjetischen Raum - 2004 in der Ukraine und ein Jahr später im zentralasiatischen Kirgistan - durch massive Zuwendungen an Regimekritiker unangenehm aufgefallen.
Ähnlich antidemokratische Szenarien für einen gewaltsamen Machtwechsel sollen auch in Russland abgearbeitet werden, warnte Konstantin Kossatschow, Chef des Außenpolitischen Ausschusses im Senat. Er hatte Ende Juni der Öffentlichkeit den ersten Entwurf für eine sogenannte Patriotische Stopp-Liste vorgestellt. Darauf standen ursprünglich 20 Unerwünschte. Kollege Viktor Oserow vom Senatsausschuss für Sicherheit und Verteidigung bedankte sich bei dieser Gelegenheit bei der russischen Zivilgesellschaft für gute Zusammenarbeit und meinte linientreue NGO. Ihre »Signale« seien beim Feinschliff der Stopp-Liste berücksichtigt worden.
Zu zwei Unerwünschten hätten die »Nachtwölfe« Hinweise geliefert, hieß es. Dem kremlnahen Biker-Club geht seit der spektakulären, wenn auch nicht ganz geglückten Gedenkfahrt nach Berlin zum 70. Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg auch in Europa ein Ruf wie Donnerhall voraus.
Zuhause leistete der Motorrad-Verein aktive Unterstützung zum Russland-Beitritt der Krim und bei der Propagierung von Patriotismus und konservativen wie christlich-orthodoxen Werten. Alexej Waiz, einer der Leitwölfe, wurde dafür im Juni mit einem Mandat für die Öffentliche Kammer - eine Art Mega-Kontrollinstanz - belohnt. Die Zeitung »Nowyje Iswestija« sprach von »Werwölfen mit russischer Symbolik auf US-amerikanischen Feuerstühlen«. Die würden immer mehr politischen Einfluss gewinnen, obwohl sie nur eine »marginale Subkultur« darstellten.
Das sei nur scheinbar ein Widerspruch, warnt der Politologe Dmitri Oreschkin. Viele Russen würden gern so sein wie die Biker und ihre antiwestlichen Ressentiments real ausleben wollen. Die Macht nutzen Gruppen wie die Wölfe daher als Transmissionsriemen für ultranationale, großrussische Ideen.
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