Auf nach Malta

Einer Studie zufolge parken Großbanken ihre Gewinne in Steueroasen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Großbanken machen auffällig hohe Gewinne in Steueroasen, während die Überschüsse in anderen Ländern meist niedriger ausfallen. Eine Studie vermutet steuerliche Gründe dafür.

45,8 Milliarden Pfund pumpte der britische Staat während der Finanzkrise im Jahr 2008 in die Royal Bank of Scotland, um sie vor der Insolvenz zu retten. Es war die größte Rettungsaktion einer einzelnen Bank weltweit. Trotzdem hinderte dies das Geldhaus vermutlich nicht daran, fast ein Drittel seiner Gewinne in Steueroasen umzuleiten. Dies legt zumindest eine Studie nahe, die von der Grünen-Fraktion im Europaparlament beim britischen Steuerexperten Richard Murphy in Auftrag gegeben wurde.

Aufgrund einer neuen Regelung müssen Europas Finanzinstitute seit diesem Jahr das Ausmaß ihrer Geschäfte in den einzelnen Ländern, in denen sie tätig sind, offenlegen. Zu den Angaben, die sie dafür machen müssen, gehören unter anderem der Umsatz, die Anzahl der Mitarbeiter und die Höhe der Gewinne in den einzelnen Standorten. Anhand der Daten von 26 Banken versuchte Murphy zu klären, wie groß das Ausmaß dieser Gewinnverschiebungen ist.

Demnach wäre das Steueraufkommen der EU-Staaten vermutlich um einiges höher, würden die Banken gemäß ihrer realen Aktivitäten in den jeweiligen Ländern besteuert. So werden überproportional viele Gewinne in klassischen Steueroasen wie Irland, Luxemburg oder Singapur angegeben. Im Großherzogtum beziffert Murphy zum Beispiel die Differenz zwischen theoretischem und tatsächlich deklariertem Gewinn auf knapp 2,3 Milliarden Euro. Auf der anderen Seite stehen Länder, denen Steuergelder durch die Lappen gehen. Für Deutschland etwa beziffert Murphy den Unterschied zwischen erwirtschaftetem und deklariertem Gewinn auf rund 1,1 Milliarden Euro.

Besonders ins Gewicht bei den Zahlen für die Bundesrepublik fällt die Deutsche Bank. Fast 18 Prozent seiner Gewinne könnte das größte Finanzinstitut hierzulande verschoben haben. Und die Wahrscheinlichkeit, dass dies tatsächlich auch stattfand, ist laut der Studie besonders hoch: Nur bei der Royal Bank of Scotland sind laut Studie Gewinnverschiebungen noch wahrscheinlicher.

Dabei zahlt die Deutsche Bank mit Steuern in Höhe von 1,43 Milliarden Euro auf ein Ergebnis von 3,1 Milliarden Euro im Vergleich zu den anderen Banken überdurchschnittlich viel Geld an den Fiskus. Doch was den grünen Europaparlamentarier und Finanzexperten Sven Giegold besonders stutzig macht, sind die Fakten aus der Niederlassung der Deutschen Bank auf Malta. Ihre Mitarbeiter erwirtschaften im Schnitt jeweils über 20 Millionen Euro. Branchenweit schafft ein »Otto-Normal-Banker« nur 42 613 Euro.

Der Konzern weist solche Theorien indes zurück. Die Bank weise »grundsätzlich ihre Gewinne in den Ländern aus, in denen sie erwirtschaftet werden«, erklärte ein Sprecher im »Tagesspiegel«. An einem Standort wie Deutschland, wo es viele Filialen gebe, falle er automatisch kleiner aus als an Standorten, die nicht das Privatkundengeschäft im Fokus hätten.

Auch Giegold ist sich bewusst, dass Murphys Ergebnisse zunächst reine Vermutung sind. »Natürlich beweisen sie nichts für die einzelnen Banken«, so Giegold gegenüber »nd«. »Aber sie zeigen, dass in der gesamten Bankenwelt Steuervermeidung stattfindet.« Schließlich geben die Geldhäuser vor allem in bekannten Steueroasen übermäßig viel Gewinn an.

Für den Finanzexperten sind die neuen Transparenzrichtlinien deswegen eine gute Sache. Am liebsten hätte er sie nicht nur für Banken, sondern für alle europäischen Konzerne. Dafür kämpft der grüne Politiker auch in Brüssel. Doch eine entsprechende Initiative werde zurzeit von der schwarz-roten Bundesregierung blockiert, erzählt er. Berlin wolle die Transparenz lediglich für die Steuerbehörden. »Das ist ziemlich witzlos, weil die Öffentlichkeit damit grundlos von wichtigen Informationen ausgeschlossen wird«, so Giegold.

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