Solidarität mit Gratissuppe

Beim Weltfest in neuem Format treffen Entwicklungspolitik und Kiezthemen aufeinander

  • Ralf Hutter
  • Lesedauer: 4 Min.
Das traditionelle Berliner Weltfest hat mit dem Straßenfest »Suppe & Mucke« fusioniert. Am Samstag werden deshalb verstärkt Kiez-Themen behandelt - und viele Suppen serviert.

»Suppe und Musik als kleinster gemeinsamer Nenner« - was seit Jahren auf Berliner Kiez-Ebene Menschen zusammenbringt, kann ja auch in größerem Maßstab funktionieren. Fünf Mal schon hat es in Berlin-Friedrichshain das Straßenfest »Suppe & Mucke« gegeben, bei dem zivilgesellschaftliche Initiativen nicht nur Informationen, sondern auch Suppe verteilen, eingerahmt von einem Bühnenprogramm. Kommenden Samstag wird das Ganze zusammen mit dem »Weltfest« stattfinden, das seit 2001 vom örtlichen Entwicklungshilfe-Verein SONED (englisch kurz für: südliches Netzwerk für Umwelt und Entwicklung) organisiert wird. »Die Partner weisen auf die globalen Auswirkungen von lokalem Handeln und die lokalen Auswirkungen von globalem Handeln hin«, heißt es in der Selbstdarstellung. Das eher lokal ausgerichtete Suppenfest und das auf Projekte im globalen Süden fokussierende Weltfest eint, dass sie zivilgesellschaftliches und ökologisches Engagement in Berlin und auf anderen Kontinenten fördern, zeigen und in Verbindung bringen wollen.

Die beiden Veranstaltungen wären dieses Jahr auf den selben Tag gefallen, sagt Verena Völkel von »Suppe & Mucke«. Da es sowieso »inhaltliche und personelle Überschneidungen« gegeben habe, sei schnell die Entscheidung gefallen, die Feste zusammenzulegen.

Hinzu kommt, dass Völkels Gruppe schon letztes Jahr ein Geldproblem hatte und deshalb eine verkleinerte Variante im Stadtteil Lichtenberg durchführte. Vorher hatte »Suppe & Mucke« eine EU-Förderung genossen. Es ging dabei um den Austausch mit zwei gleichen Straßenfesten im italienischen Bologna und im französischen Lille. Die Berliner Gruppe hat die beiden Veranstaltungen auch schon besucht. Völkel weiß von weiteren solchen Suppenfesten in Paris und Istanbul. Über einen neuen Antrag für EU-Fördermittel werde nun nachgedacht.

Auf dem Boxhagener Platz in Friedrichshain werden sich an rund 80 Ständen 50 Vereine und andere Projekte vorstellen. Völkel geht deshalb davon aus, dass mindestens 50 Suppen angeboten werden - kostenlos! Manche von ihnen werden am Freitag in der Küche eines Jugendklubs gekocht, wo sich die Initiativen auch gegenseitig kennenlernen können.

»Die Suppe ist ein interkulturelles Medium, das Projekte mit Anwohnern in Verbindung bringt«, umschreibt Verena Völkel das Konzept. Klar: Wer sonst an einem Stand vorbeigehen würde, bleibt eventuell wegen der verlockenden Suppe stehen und erfährt dann etwas über die dahinter stehende Initiative.

Der seit 2009 existierende Verein werde von einem Stamm von zehn bis 15 Aktiven getragen, sagt Völkel, die vor allem für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Sie lebt erst seit 2011 in Berlin, kam aber schon im selben Jahr zu »Suppe & Mucke«. Den Rest des Jahres über habe der Verein viel mit der Vor- und Nachbereitung des Festes zu tun, erklärt sie, hin und wieder koche er aber auch für andere Projekte. Die Gruppe, die beim Fest von vielen weiteren Freiwilligen unterstützt wird, sei »genauso bunt wie Friedrichshain« und habe einen »schönen Zusammenhalt«.

Der 1990 gegründete Verein SONED hingegen berät und unterstützt permanent ökologische Initiativen in Afrika - und betont dabei übrigens gerne, dass der reiche globale Norden dort auch etwas lernen kann. »Das Weltfest soll auch einen Überschuss bringen, den wir für unser Hilfsprojekt ›Armutsbekämpfung in Ghana durch nachhaltige Entwicklung‹ brauchen«, sagt der langjährige Aktivist Jan Fischer. Das dreijährige Programm werde vom Entwicklungsministerium und der Heidehof-Stiftung gefördert, doch SONED müsse einen Eigenanteil einbringen. In Ghana organisiert der Verein, der in den letzten Jahren in Nigeria und Kamerun an erfolgreichen Projekten beteiligt war, Bildung zu Permakultur und nachhaltigen Einnahmequellen.

Durch die Fusion mit »Suppe & Mucke« sei das Fest nun lokaler geprägt, sagt Fischer. »Aber gerade die Schnittstelle zwischen internationalen und Kiez-Themen ist spannend. So vermischen sich auch die Szenen.« Mitorganisiert wird die Veranstaltung wieder vom Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag, der rund 100 Initiativen und Vereine vertritt.

Auf der eigenen Bühne, die die Politik erhält, wird es aber eher um lokale Themen gehen. Die Beteiligung des Publikums bei den Gesprächsrunden zu Themen wie Stadtentwicklung, Flüchtlingsintegration und nachbarschaftlicher Organisierung ist erwünscht. Auf der Weltfestbühne gibt es zwischen den musikalischen Auftritten traditionell Redebeiträge zu Nord-Süd-Themen, dieses Jahr aber auch zum geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP.

Auf mehreren Bühnen - eine ist sogar ruhigen Tönen vorbehalten - gibt es Musik von Beatbox über Rock und Samba bis Swing. Zudem locken ein Kinderprogramm, Artisten, eine Theatergruppe und ein Spiel mit Verlosung. Essbare Suppenschalen und Kompost-Toiletten sorgen für eine ökologische Ausrichtung auch in der Praxis.

Im Internetauftritt von »Suppe & Mucke« steht übrigens: »Neben Projekten und Vereinen sind auch alle Anwohner eingeladen, sich mit einer selbst zubereiteten Suppe aktiv an der Gestaltung des Festes zu beteiligen. Damit wollen wir die Identifikation der Menschen mit ihrem Kiez als selbst gestaltetem Lebensraum stärken.« Wer beim Suppekochen Hilfe braucht, kann sich unter suppeundmucke.de zwei Kochbücher runterladen.

Suppe & Mucke Weltfest, Samstag, 29.8., 14-22 Uhr, Boxhagener Platz in Berlin-Friedrichshain

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal