Flüchtlingsdialog im Schatten neuer Opfer

Drama überlagert Balkankonferenz in Österreich / Minister Maas empört über Hetze auf Facebook

  • Lesedauer: 2 Min.
Der Tod von Flüchtlingen versetzt die Politik erneut in Zugzwang. Diesmal wurden die Opfer in Österreich entdeckt, wo am Donnerstag auch die Westbalkan-Konferenz stattfand.

Wien. Der Tod von bis zu 50 Menschen in Österreich überschattete am Donnerstag die Westbalkan-Konferenz in Wien. Die Toten wurden in einem Lkw auf einer Autobahn entdeckt. Die Polizei ging davon aus, dass es sich um Flüchtlinge handelt, die sich Schleppern anvertraut hatten. Die genauen Umstände und die Opferzahl blieben vorerst unklar.

Auf der Konferenz ging es um Hilfen und Perspektiven für die Balkanstaaten, die derzeit Transit- und zugleich Herkunftsland vieler Asylsuchender sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich »erschüttert« über das Drama. Die Opfer hätten einen tragischen Tod erleiden müssen, weil sich Schlepper nicht um ihr Leben gekümmert hätten. Auch für die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) waren die Schlepper das die Tragödie verursachende Hauptproblem. »Schlepper sind Kriminelle. Und wer jetzt noch immer meint, dass es sanftmütige Fluchthelfer sind, dem ist nicht zu helfen«, sagte sie laut ORF.

Auf der Konferenz sagten Deutschland und Österreich den Balkanstaaten wirtschaftliche Unterstützung zu. Erneut drängte die Kanzlerin auf eine faire Verteilung von Flüchtlingen in der EU. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl widersprach hingegen den auf der Konferenz geäußerten Vorwürfen gegenüber Griechenland, dort lasse man die Flüchtlinge ungehindert weiterreisen. Die EU-Staaten wollten gerade einmal 16 000 Flüchtlinge aus Griechenland in den nächsten zwei Jahren verteilen, so Geschäftsführer Günter Burkhardt. Dabei seien allein in diesem Jahr 160 000 Asylsuchende eingereist, die Griechenland nicht versorgen könne.

In Deutschland spitzt sich unterdessen die politische Debatte unter dem Eindruck auch weiterer offenbar rassistisch motivierter Delikte zu. Nach einem Internetaufruf zum Mord an Flüchtlingen ermittelt die Staatsanwaltschaft in Rheinland-Pfalz wegen Volksverhetzung. Ein 20-Jähriger aus Ludwigshafen habe ein Geständnis abgelegt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der Mann sei nach bisherigen Erkenntnissen »dem rechten Spektrum nicht zuzuordnen«. Geprüft werde nun, ob Anklage erhoben wird.

Rassistische Kommentare im sozialen Netzwerk Facebook haben Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zu einem Appell an das Unternehmen veranlasst. Facebook sollte »dringend überprüfen«, ob die gegenwärtigen Standards und deren Anwendung ausreichend seien, und die Verbreitung rassistischer und volksverhetzender Inhalte wirksam bekämpfen, heißt es in einem Brief von Maas. Es sei kaum nachvollziehbar, dass Fotos bestimmter Körperteile wegen moralischer Bedenken automatisch gelöscht würden, rassistische Äußerungen hingegen selbst nach Hinweisen nicht entfernt würden. Eine Sprecherin des Unternehmens signalisierte Bereitschaft zu einem Treffen, zu dem Maas geladen hatte. nd/mit Agenturen

Seiten 4, 5, 7, 11 und 13

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