Wenn der Boden nichts mehr hergibt

UN-Bericht: Entwertung der Flächen kann weitere 50 Millionen Menschen auf die Flucht zwingen / Wissenschaftler: Herkömmliche Landwirtschaft ist Minusrechnung

  • Lesedauer: 2 Min.
Flächenversiegelung und intensive Landwirtschaft zerstören weltweit wertvolle Flächen - das treibt Menschen auf die Flucht, weil der Boden sie nicht mehr ernährt. Auch die ökonomischen und ökologischen Folgen sind verheerend.

Bonn. Jedes Jahr gehen der Welt Unsummen verloren, weil ökologisch wertvolle Flächen versiegelt oder durch intensive Landwirtschaft zerstört werden. Ein am Dienstag veröffentlichter UN-Bericht bezifferte den Verlust auf weltweit 6,3 bis 10,6 Billionen Dollar (etwa 5,6 bis 9,4 Billionen Euro) im Jahr. Die verlorenen Werte können Ernteerträge sein, aber zum Beispiel auch sauberes Wasser. Der jährliche Verlust entspricht der Studie zufolge 10 bis 17 Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts.

Nach Angaben der Wissenschaftler könnte die Entwertung der Flächen in den nächsten zehn Jahren zu 50 Millionen zusätzlichen Flüchtlingen führen - alles Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, weil der Boden sie nicht mehr ernähren kann.

»Unsere Botschaft ist, dass sich nachhaltige Landwirtschaft wirklich lohnt«, sagte Mark Schauer von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), der an der Studie beteiligt war. »Herkömmliche Landwirtschaft ist für die Volkswirtschaft eine Minusrechnung. Der Boden wird degradiert und die Ökosysteme drumherum eben auch. Zum Beispiel durch Überdüngung oder Überweidung. Wir graben uns selber das Wasser ab.« Ein besonderes Problem sei, dass Metropolen häufig in besonders fruchtbaren Gebieten lägen, weil sich eben dort vor langer Zeit die ersten Pioniere angesiedelt hätten. Jetzt breiteten sich die Städte aus und verschlängen fruchtbares, ökologisch wertvolles Land.

Intensive Landwirtschaft habe oft verheerende langfristige Folgen. In dem westafrikanischen Land Benin zum Beispiel sei der Baumwollanbau ein großes Problem. »Das ist extrem nährstoff- und wasserintensiv, und davon profitieren nur sehr wenige Menschen, die Volkswirtschaft leidet sehr darunter«, erklärte Schauer in Bonn.

Die Studie beschäftigt sich auch damit, was gegen diese Entwicklung getan werden kann. Von Land zu Land könnten das ganz unterschiedliche Strategien sein, sagte Schauer, abhängig von den jeweiligen regionalen und ökologischen Gegebenheiten.

In Deutschland werden jeden Tag Bodenflächen in der Größe von mehr als 100 Fußballfeldern überbaut, wie aus dem sogenannten Bodenatlas hervorgeht. Ein Viertel der Ackerflächen sei zudem von Bodenerosion betroffen. Gleichzeitig werden den Angaben zufolge Agrar- und Verbrauchsgüter importiert, deren Produktion mit 80 Millionen Hektar mehr als das Doppelte der hiesigen Landesfläche in Anspruch nimmt. Der Atlas war Anfang des Jahres unter anderem von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Nachhaltigkeitsinstitut IASS in Berlin vorgestellt worden. Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2015 zum »Internationalen Jahr des Bodens« ausgerufen. dpa/nd

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