Schuldenfrage steht bei Tsipras ganz oben

Neuer Koordinator soll für Gläubiger zuständig sein / SYRIZA-Chef als Premier vereidigt / Chondros: Wir können notwendige Reformen »wirklich durchziehen« / Machen Tsakalotos und Stathakis als Minister weiter?

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Berlin. SYRIZA-Chef Alexis Tsipras ist am Montagabend zum zweiten Mal als griechischer Ministerpräsident vereidigt worden. Am Dienstag soll sein Kabinett nominiert werden - dem Vernehmen nach will Tsipras ein neues Ministeramt schaffen, das die gesamten Aktionen der Regierung in Athen im Zusammenhang mit dem dritten Kreditprogramm koordiniert. Dem Vernehmen nach könnte Giorgos Houliarakis den Posten übernehmen, er war bereits im Verhandlungsteam mit den Gläubigern der vorigen Regierung und hat als Finanzminister in der Übergangsregierung amtiert. Houliarakis hat in Athen und Großbritannien Ökoknomie studiert und war Professor in Manchester. Ihm werden gute Kontakte zu dem Zentralbankchef Giannis Stournaras nachgesagt.

Ein Ministerposten, der auf die Verhandlungen mit den Gläubigern ausgerichtet ist, dürfte auch der Zielsetzung von Tsipras entsprechen, die Frage der Schulden ins Zentrum der nächsten Bemühungen zu stellen. Man werde die Gespräche über Schuldenerleichterungen demnächst wieder aufnehmen, wird eine Quelle in der Zeitung »Kathimerini« zitiert. Denkbar sind etwa verlängerte Kreditlaufzeiten, niedrigere Zinsen oder ein verzögerter Rückzahlungsbeginn. Dies sei der »erste und wichtigste Kampf«. Man werde dazu »alle politischen Kräfte bitten, unsere Bemühungen zu unterstützen«, hieß es weiter.

Am Dienstag wird Tsipras sein Kabinett vorstellen. Es wird erwartet, dass Efklidis Tsakalotos wieder das Amt des Finanzministers übernimmt. Giorgos Stathakis dürfte seine Rolle als Wirtschaftsminister fortsetzen. Yiannis Dragasakis könnte erneut stellvertretender Premierminister werden, es hatte allerdings Spekulationen gegeben, er sei als Parlamentspräsident vorgesehen. Dieses Amt wird inzwischen aber eher bei Nikos Voutsis gesehen, der in der ersten Tsipras-Regierung die Leitung des Innenministeriums innehatte. Zivilschutzminister könnte erneut Yiannis Panousis werden, Yiannis Mouzalas dürfte wieder als für die Migration und Asylsuchenden zuständiger Minister agieren.

Der SYRIZA-Politiker Giorgos Chondros sagte, »die Reformen, die SYRIZA immer vorgeschlagen hat, waren und sind wirklich notwendige Reformen in Griechenland«. Die neue Regierung könne diese »wirklich durchziehen. Das heißt, den Staat modernisieren, die Korruption bekämpfen, auch die Wirtschaft anzukurbeln und eine soziale Gerechtigkeit im Lande wirklich einbringen«, so Chondros im Deutschlandradio Kultur. In Richgtung Berlin sagte er, das »Wahlergebnis ist wirklich eine klare und eindeutige Absage an die Merkel-und-Schäuble-Politik, nicht nur für Griechenland, sondern für Europa insgesamt. Und es ist wirklich an der Zeit, dass Europa und vor allem Frau Merkel diese Tatsache anerkennt.«

Tsipras hatte am Montagabend in einer live im Fernsehen übertragenen Zeremonie seinen Amtseid abgelegt. Das neue Parlament soll am 1. Oktober zusammentreten. Es wird sich umgehend mit der Aufhebung der seit Juni geltenden Kapitalverkehrskontrollen befassen müssen.

Kanzlerin Angela Merkel telefonierte am Montag mit Tsipras. Beide hätten sich auch über den Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs zur Flüchtlingspolitik in Europa am Mittwoch in Brüssel ausgetauscht, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. vk/mit Agenturen

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