Geschäft mit der Sicherheit?
Rauchmelder in Wohnungseigentümergemeinschaften
Die Bundesländer als Gesetzgeber haben nur halbe Arbeit geleistet, stellt Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum (WiE), fest. Denn die Umsetzung der Vorschriften in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) sei alles andere als klar geregelt.
Das schafft Raum für Juristen und Versicherungen, die Anforderungen nun auszulegen. Und so wird aus dem Anbringen der kleinen runden Dose mit zwei Dübeln oder Klebeband und der Wartung derselben - Testknopf drücken und gegebenenfalls Batterie auszutauschen - eine hochkomplexe rechtliche Angelegenheit.
In vielen Bundesländern besteht die Nachrüstpflicht bereits. Berlin, Brandenburg und Sachsen haben sie noch nicht eingeführt.
Fristen, bis wann Rauchmelder installiert werden müssen, haben folgende Bundesländer festgelegt:
Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bis Ende 2015,
Nordrhein-Westfalen bis Ende 2016,
Bayern bis Ende 2017.
Viele Eigentümerversammlungen hatten das Problem auf der Tagesordnung - und die Frage: Ist es wirklich nötig, eine Firma zu beauftragen, die in allen Wohnungen eines Hauses bereits installierte Melder wieder herausreißt und teure Funktechnik installiert?
Drohung mit Haftungsrisiko
Die Antwort fällt inzwischen nicht mehr leicht. In juristischen Zeitschriften wurden Rauchmelder auseinandergenommen und neu zusammengesetzt. In 20 Gerichtsverfahren bis zum BGH wurde über ihren Einsatz geurteilt. Es geht etwa darum, ob Rauchmelder zum Gemeinschaftseigentum oder zum Sondereigentum einer WEG gehören und wer somit für Installation und Wartung verantwortlich ist: der einzelne Wohnungseigentümer, der Mieter oder die WEG?
Ein Schwerpunkt in den Fachdiskussionen ist dabei die Haftungs- und Versicherungsfrage. Bittere Konsequenz: Mit dem Haftungsrisiko und der Angst vor dem Schadensfall werden Eigentümer und Vermieter dazu bewogen, aufwendige und zum Teil teure Installations- und Wartungsverträge abzuschließen - unter anderem mit Firmen aus der Ablesebranche, die die Rauchmeldersache gern gleich mit übernehmen. Zu deren Strategien gehören auch Dumpingpreise.
Wohnen im Eigentum hat ausgelotet, was im Einzelnen zu tun ist und welche Alternativen es gibt. Für die Mitglieder des Verbands gibt es ein ausführliches Infoblatt: »21 FAQs mit vielen Tipps rund um Installation und Wartung von Rauchmeldern« (Siehe Kasten rechts).
Vier wichtige Ratschläge für alle Wohnungseigentümer und Vermieter:
1. Wohnungseigentümer sollten sich mit dem Thema beschäftigen, als WEG einen Beschluss zu den Rauchmeldern fassen und die Umsetzung dokumentieren.
2. Die teuerste Lösung ist nicht automatisch auch die sicherste und passendste. Denn den einen, garantiert von der Versicherung gedeckten, prozesssicheren und korrekten Weg gibt es nicht - weder in den Vorschriften noch in Form von einschlägigen Urteilen.
3. WEG sollten eine passgenaue, maßgeschneiderte Lösung entwickeln - dann wird es zumindest sehr schwer, ihnen die Verletzung der Rauchmelderpflicht zu unterstellen!
WiE-Alternativen hierzu:
 Die einzelnen Wohnungseigentümer installieren und warten Rauchmelder selbstständig und verantwortungsbewusst; sie führen Protokoll darüber. (Vorgehensweise für kleine WEG mit guten Nachbarschaftsbeziehungen).
 Ein verlässlicher Hausmeister prüft die vorhandenen Rauchmelder, installiert fehlende, übernimmt für alle die Wartung und führt darüber Buch.
 Es wird eine externe Firma mit Installation und Wartung beauftragt (Kostenvoranschläge einholen, gut vergleichen!). Diese berücksichtigt vorhandene Rauchmelder und übernimmt auch deren Wartung.
 Es wird eine externe Firma beauftragt, neue Rauchmelder anzubringen, die alten abzubauen und die Wartung der neuen zu übernehmen (für sehr große WEG oder bei größtem Sicherheitsbedürfnis zu empfehlen).
4. Engagierte Miteigentümer und Mieter nicht verärgern! Deren Rauchmelder sollten mit einbezogen werden!
So wird Zoff in den WEG vermieden. Wenn dann noch Probleme und Schwierigkeiten mit Verwaltungen oder Unternehmen auftauchen, ist dies ein Fall für die Verbraucherstreitschlichtung und nicht für teure Gerichte. WiE/nd
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