Transatlantisch gegen unfaire Förderpraktiken

In Deutschland unterstützen Klimaaktivisten Dorfgemeinschaften in Lateinamerika, die gegen Großkonzerne und Tagebaue protestieren

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.
Hamburg, London, Riohacha - so lauten die Eckpunkte des Dreiecks, welches sich neu gegründet hat. Es will auf die miesen Praktiken des größten lateinamerikanischen Kohlebergwerkes aufmerksam machen.

Die Aktionärsversammlung von BHP Billiton AGM wird Samuel Arregoces nicht so schnell vergessen. »Wir sind mit denen in Kontakt gekommen, die den Raubbau der großen Bergbaukonzerne finanzieren: die Rentenfonds«, sagt der stämmige Mann. »Sie haben uns zumindest zugehört. Das ist schon mal etwas, denn in Zeiten des Klimawandels lässt sich die Ausplünderung einer Kohlemine auf Kosten der lokalen Bevölkerung nicht so einfach unter den Teppich kehren.« Samuel Arregoces ist Sprecher der Dorfgemeinschaft von Tabaco. Die musste der größten Steinkohlemine Lateinamerikas, El Cerrejón, weichen. Die 2008 unterzeichneten Verträge wurden von den Betreibern der Mine, ein Konsortium aus BHP Billiton, Anglo American und Glencore, bis heute nicht erfüllt. »Kein Einzelfall, auch die Menschen von Tamaquito klagen gegen das Konsortium wegen Nichterfüllung der Verträge«, so Arregoces.

In Kolumbien ist es jedoch langwierig und komplex, juristisch gegen das einflussreiche Unternehmen und die Bergbaukonzerne dahinter vorzugehen. Deshalb haben die Dorfgemeinschaften nach anderen Optionen gesucht, sich international vernetzt, um die internationale Öffentlichkeit und auch die Aktionäre auf die Kehrseite des Tagesbaus aufmerksam zu machen. Dabei helfen dem Dorf Tabaco in Englands Hauptstadt kritische Studenten sowie das »London Mining Network«, in Deutschland sind es die Organisation »Gegenstrom«, die der Kohleverstromung und den Kohleimporten aus Kolumbien kritisch gegenübersteht, die Hamburger Kolumbiengruppe sowie mehrere Umweltgruppen, die dem Bund für Umwelt und Naturschutz nahestehen. Ein Netzwerk, das sich bemüht, den Kontakt zu den Kohle importierenden Unternehmen wie Vattenfall aufzunehmen, die Infoveranstaltungen an Universitäten und in sozialen Zentren organisieren. »Für uns ist es wichtig, dass über den Umgang von Cerrejón mit den afrokolumbianischen Gemeinden von Tabaco oder Tamaquito berichtet wird«, erklärt Arregoces.

Das klappt, weil Rundreisen wie jene von Arregoces und seinem Mitstreiter Danilo Urrea von der Umweltorganisation »Agua Viva« von den Unterstützern gut vorbereitet werden. »An Universitäten die Situation von Tabaco darzustellen, auf Aktionärsversammlungen nachzufragen und hier alternative Infos zu verteilen, zeigt etwas Wirkung«, erklärt der Exilkolumbianer Erik Arellana Bautista. Der lebt in Hamburg und hat den Besuch der beiden Kolumbianer mit vorbereitet. »Ohne die Nachfragen aus dem Ausland, von Seiten der Wirtschaft und der Politik, wird sich in Kolumbien kaum etwas ändern«, ist er sich sicher.

Ähnlich sehen das die Klimaaktivsten von Gegenstrom, die gegen den schwedischen Stromkonzern Vattenfall protestieren, der in Hamburg-Moorburg im März 2015 ein neues Kohlekraftwerk in Betrieb nahm, welches auch mit Kohle aus Kolumbien befeuert wird. Unter anderem aus der Mine El Cerrejón, aber auch aus dem Cesar, der zweiten kolumbianischen Kohleregion. Darauf will man diesseits und jenseits des Atlantiks aufmerksam machen und deshalb werden die Kontakte gehalten. Mehrere Aktivisten von Gegenstrom haben in den letzten Jahren Dörfer wie Tabaco oder Tamaquito besucht.

Eine ähnliche Solidaritätsvisite aus der Schweiz war der erste Schritt für den Dokumentarfilm »La Buena Vida«, der die Geschichte von Tamaquito und der Umsiedlung nachzeichnet. Das hat auch Samuel Arregoces gefreut, der sich mit den Leuten aus Tamaquito längst vernetzt hat. »Uns eint, dass die Mine die Verträge nicht einhält und die Umwelt rücksichtslos ausbeutet, um die Kohle nach Europa zu exportieren.« Doch dort nimmt der Widerstand gegen die Verstromung der fragwürdigen Kohle im Kontext des Klimawandels stetig zu. Nicht nur in Hamburg und London, sondern auch in anderen europäischen Staaten wie der Schweiz oder Schweden. Das transatlantische Netzwerk wird größer.

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