Das Schicksal besiegt

Basketballerin Natasa Kovacevic verlor ein Bein, nun spielt sie wieder

  • Thomas Roser, Belgrad
  • Lesedauer: 3 Min.
2013 wurde die serbische Basketballspielerin Natasa Kovacevic bei einem Unfall schwer verletzt. Nun feierte die frühere Juniorennationalspielerin mit einer Prothese ihre Erstligarückkehr.

Frenetischer Applaus brandete von den Rängen, als Natasa Kovacevic in der sechsten Spielminute beim Basketball-Erstligaspiel ihres neuen und alten Klubs Roter Stern Belgrad gegen Niski Student endlich eingewechselt wurde. Danach war es, als wäre die hochgewachsene Frau im Trikot mit der Nummer sieben nie weg gewesen. Die fünf Körbe, die sie bei ihrem insgesamt 15-minütigen Debüt warf, waren der beinamputierten Serbin weniger wichtig. Entscheidend aber war, dass sie überhaupt aufs Spielfeld zurückkehren konnte.

Sie habe jeden Moment »genossen«, bekannte die 21-Jährige dann auch anschließend. »Einfach herrlich« sei das Gefühl, den geworfenen Ball durchs Netz gleiten zu sehen: »Ich hoffe, dass ich anderen Leuten in ähnlicher Lage zeigen konnte, dass sie alles erreichen können - wenn sie wirklich daran glauben.«

Die 1,88 Meter große Frau hatte bis vor zwei Jahren als eine der größten Nachwuchshoffnungen des serbischen Frauenbasketballs gegolten und alle Jugendauswahlmannschaften ihres Landes durchlaufen. Bei der U19-Weltmeisterschaft in Litauen wurde sie 2013 gar zur besten Spielerin des Turniers gekürt. Kurz danach erhielt sie im Alter von 19 Jahren ihren ersten lukrativen Auslandsvertrag: Nach dem Wechsel von Roter Stern Belgrad zum ungarischen Erstligaklub UNI Györ prognostizierten ihr nicht nur die heimischen Fachjournalisten eine steile internationale Karriere.

Doch schon nach einem Monat in Ungarn drohte im September 2013 ein Autounfall die viel versprechende Laufbahn der talentierten Korbjägerin jäh zu beenden. Der Trainer und der Manager ihres neuen Klubs starben, als der Mannschaftsbus auf dem Weg zum Auswärtsspiel in Sopron vergeblich einem entgegenkommenden Fahrzeug auszuweichen versuchte. Eine serbische Mitspielerin schleppte die schwer verletzte Kovacevic aus dem Buswrack. Schmerzen, so sagte sie später, hatte sie keine verspürt, aber dass ihr linkes und später unter dem Knie amputiertes Bein verloren war, merkte sie sofort: »Ich dachte nur: Hauptsache, ich lebe noch.«

Ihre Eltern habe das Unglück damals härter getroffen als sie selbst, erzählte sie später in zahlreichen Interviews. Um wieder laufen zu können, stürzte sie sich verbissen, aber voller Optimismus, in die monatelangen Mühen der Therapie. Schließlich sei sie von ihren Eltern dazu erzogen worden, nie aufzugeben.

Schon nach einem Jahr konnte sie dank einer vom französischen Basketballverband organisierten Spezialprothese wieder gehen, Auto fahren - und auf dem Trainingsplatz erste Körbe werfen. Träume von einer Rückkehr zum Profisport schien die fröhliche Frau zunächst allerdings nicht zu hegen: Stattdessen gründete sie im März 2014 eine gemeinnützige Stiftung zur Förderung junger Sportler und der Entwicklung des Frauensports.

Doch schon bei der Europameisterschaft in Budapest im Juni zeigte Kovacevic bei einem Demonstrationsspiel zu ihren Ehren, dass sie die Korbjagd keineswegs verlernt hat. Zu Wochenbeginn stellte Serbiens Basketballverband ihr nun eine Profilizenz aus, am Mittwoch stand sie bereits wieder auf dem Parkett. Sie fühle sich, als hätte es die Ereignisse der vergangenen beiden Jahre überhaupt nicht gegeben, bekannte die freudestrahlende Kovacevic nach dem Ende des Spiels. »Die Rückkehr der Heldin«, titelte begeistert die serbische Zeitung »Blic«: »Für sie ist nichts unmöglich.«

Etwas weniger dramatisch kommentierte die verschmitzte Kovacevic ihre Rückkehr: »Meine Oma hätte gesagt: Nata, warum spielst Du wieder mit diesem Ball? Besser wäre es, Du würdest endlich heiraten.«

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.