Krisen-Agenda in Antalya

Das Flüchtlingsproblem wird den G20-Gipfel in diesem Jahr prägen

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Syrien-Krise, Flüchtlinge, Klimawandel, Steuerreform, Kampf gegen Armut - der G20-Gipfel hat sich viel vorgenommen.

Ursprünglich hatte man das G20-Format ins Leben gerufen, um vor allem globale Wirtschafts- und Finanzfragen zu debattieren. Aber schon die beiden letzten Gipfel wurden durch die Konflikte in der Ukraine und in Syrien von politischen Themen geprägt. Syrien wird nun auch im türkischen Antalya eine wichtige Rolle spielen, steht die aktuelle Flüchtlingskrise doch weit oben auf der Gipfelagenda - selbst wenn durchaus nicht alle Teilnehmer das für dieses Forum wirklich begrüßen. Die Gastgeber sehr wohl, sind sie doch auf vielfältige Weise betroffen (siehe Text rechts). Wie die EU und nicht zuletzt Deutschland hofft die Regierung in Ankara auf ein Signal der Solidarität und eine Vereinbarung der G20 zur Bekämpfung der Fluchtursachen, die sich auch in der Gipfelerklärung niederschlägt. Allerdings sind G20-Beschlüsse keineswegs rechtsverbindlich.

Eine besondere Rolle bei diesem Thema dürften Russland und Präsident Wladimir Putin zukommen. Moskau favorisiert die G20, weil diese Staatengruppe den russischen Vorstellungen einer multipolaren Weltordnung am nächsten kommt - aber zwangsläufig schon deshalb, weil man die sogenannten G8 wegen des Ukraine-Konflikts und der Krim-Angliederung wieder verlassen musste. Vor einem Jahr beim Gipfel in Brisbane war der Kremlchef auch bei den G20 weitgehend isoliert. Die Entwicklung in Syrien, Russlands militärisches Eingreifen dort hat die Lage aber deutlich verändert. Ohne Moskau läuft in diesem Konflikt nichts mehr, wobei Putin vor allem auch den überfälligen politischen Prozess zur Lösung der Krise in Gang gesetzt hat. Auf sein Betreiben hin sitzt bei den Gesprächen in Wien zudem erstmals die Regionalmacht Iran mit am Verhandlungstisch. Und auch bei der Lösung der aktuellen Flüchtlingsprobleme kommt die Europäische Union an Russland nicht vorbei. Die Frage der Wirtschaftssanktionen gegen Moskau wird trotzdem kaum ein Thema in Antalya sein. Über ihre Verlängerung muss im Dezember entschieden werden.

Zum Erbe von Brisbane gehört die Vereinbarung, bis 2018 zusätzliche 2,1 Prozent Wirtschaftswachstum zu kreieren, was einen Anstieg des globalen Bruttoinlandsproduktes von etwa zwei Billionen US-Dollar bedeutet. Hinter diesem Ziel stecken rund 1000 Einzelmaßnahmen, von denen aber erst die Hälfte umgesetzt worden sei. Das soll in Antalya ebenso erörtert werden wie die Überprüfung der vereinbarten Schritte hin zur Regulierung aller internationalen Finanzgeschäfte, das Vorgehen gegen Steuerflucht (siehe Text unten) und das neue Ziel, die Arbeitslosigkeit von schwer zu vermittelnden Jugendlichen bis 2025 um 15 Prozent zu senken.

Signale erhofft sich die Bundesregierung aber auch in Sachen Klimaschutz. Zwei Wochen nach dem Treffen in Antalya beginnt in Paris der UN-Klimagipfel. Dort soll ein neues weltweites Abkommen zur Reduzierung der Treibhausgase vereinbart werden. Und die G20-Staaten stehen nicht nur für rund zwei Drittel der Weltbevölkerung und fast 90 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, sondern auch für 80 Prozent der weltweiten Emissionen.

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