Gipfelsignale sind noch keine Taten

G20-Staaten wollen beim Kampf gegen den Terrorismus stärker zusammenarbeiten, bleiben vorerst aber bei Absichtserklärungen

  • Olaf Stadke
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Terroranschläge von Paris bestimmten auch den sonst auf Wirtschafts- und Finanzfragen orientierten G20-Gipfel in der Türkei.

Bei den Klimavereinbarungen für den bevorstehenden Gipfel in Paris taten sich die G20-Staaten in den vergangenen Tagen sehr schwer, bei den Reaktionen auf die Anschläge in der französischen Hauptstadt fand man in Belek bei Antalya schneller eine gemeinsame Sprache. Der Kampf gegen den Terrorismus war von den türkischen Gipfelgastgebern neben der Flüchtlingskrise auf die Agenda für das Arbeitsessen der Staats- und Regierungschefs am Sonntag gesetzt worden, wobei der französische Präsident François Hollande aus nachvollziehbaren Gründen bei diesem Treffen fehlte.

»Auf das Schärfste« verurteilen die 20 großen Industrie- und Schwellenländer nicht nur die jüngsten Terrorattacken in Paris, sonder dezidiert auch die Anschläge in Ankara vom 10. Oktober dieses Jahres. Zu beiden und auch zum Doppelattentat vergangenen Donnerstag in Beirut mit 43 Toten hatte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannt. Doch übte man in Belek Zurückhaltung bei der Benennung konkreter Verantwortung. Terrorismus dürfe keiner Religion, Nationalität, Zivilisation oder ethnischen Gruppe zugewiesen werden, hieß es grundsätzlich in der Abschlusserklärung.

Zwar wird der Kampf gegen den Terror im Kommuniqué als »eine wichtige Priorität« bezeichnet. Wie das konkret gehen soll, muss aber noch vereinbart werden. Da kündigte Präsident Barack Obama an, die USA würden ihre Bemühungen verdoppeln. Sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan versprach eine starke Botschaft, Russlands Staatschef Wladimir Putin drängte auf globale Anstrengungen gegen den Terror, EU-Ratspräsident Donald Tusk rief alle Gipfelstaaten auf, Entschlossenheit zu zeigen. Doch jenseits solcher verbalen Kraftakte zeichnen sich vorerst kaum unmittelbare praktische Schritte ab. Beispielsweise fliegen die USA seit über einem Jahr mit Verbündeten Luftangriffe auf den Islamischen Staat in Irak und Syrien - mit begrenztem Erfolg, um es vorsichtig zu formulieren. Trotzdem ließ das Weiße Haus gerade erneut erklären, man plane nicht, die Strategie gegen die Dschihadistenmiliz zu ändern. Die USA wollen auf keinen Fall etwa mit einem permanenten Einsatz von Bodentruppen tiefer in diesen Konflikt hineingezogen werden.

So blieb es in Antalya vor allem bei Absichtserklärungen zur weltweiten Bekämpfung des Terrorismus. Die G20-Staaten wollen in »verstärkter internationaler Solidarität und Kooperation« bei der Prävention und Abwehr von Terroranschlägen und gegen den »akuten und wachsenden Zustrom von ausländischen terroristischen Kämpfern« vorgehen. Dabei sollen der Informationsaustausch und die Grenzkontrollen verbessert, die Finanzströme des Terrorismus strafrechtlich gestoppt sowie gegen terroristische Propaganda im Internet vorgegangen werden, heißt in der Gipfelerklärung. Zudem wollen die G20 enger zusammenarbeiten, um die Sicherheit des Luftverkehrs zu stärken. Bisher hat die flächendeckende Überwachung samt Aushebelung des Datenschutzes Attacken wie in Paris nicht verhindern können.

Der Zivilgesellschaft wird bei der Abwehr von gewalttätigem Extremismus Unterstützung zugesagt. Bei all dem sollen die Vereinten Nationen eine zentrale Rolle spielen. Die G20-Staaten sagen zu, im Kampf gegen den Terror internationales Recht und die UN-Konventionen für Menschen- und Flüchtlingsrechte einzuhalten. Nur - der nächste Drohnenangriff mit zivilen Kollateralschäden kommt mit Sicherheit.

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