Friedlich am Scharmützelsee

Bei ihrer Fraktionsklausur fordern die LINKE-Bundestagsabgeordneten Alternativen zum Antiterrorkrieg

  • Aert van Riel, Bad Saarow
  • Lesedauer: 3 Min.
Die beiden neuen Fraktionsvorsitzenden der LINKEN, Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht, konzentrieren sich auf Gemeinsamkeiten. Schwierige Fragen dürften aber noch bevorstehen.

Für ihre Fraktionsklausur hatten die Abgeordneten der LINKEN am Montag und Dienstag einen idyllischen Ort gewählt. In einem Hotel direkt am brandenburgischen Scharmützelsee diskutierten sie vor allem über die Europa-, Außen- und die Flüchtlingspolitik. Nach Angaben von Teilnehmern soll das Treffen recht harmonisch verlaufen sein. Beschlüsse zu heiklen Themen wurden ohnehin nicht gefasst. In einer gemeinsamen Erklärung finden sich vielmehr zahlreiche Punkte, welche Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht wohl meinten, als sie in den vergangenen Wochen sagten, sie hätten »90 Prozent Übereinstimmung«. Das Papier der beiden seit etwa einem Monat amtierenden Fraktionsvorsitzenden enthält etwa Forderungen nach einer sozialen Umverteilung sowie eine Absage an Antiterrorkriege.

Nachdem die französische Regierung als Reaktion auf die Terroranschläge von Paris bei den Partnern in der Europäischen Union nun offiziell militärischen Beistand im Krieg in Syrien gegen den »Islamischen Staat« angefordert hatte, warnte Wagenknecht bei einer Pressekonferenz am Dienstagmorgen vor einer Beteiligung der Bundeswehr. Sonst werde es nur noch mehr zivile Opfer und damit auch gestärkte Terroristen geben. »Wir lehnen ein militärisches Engagement Deutschlands ab«, sagte sie. Stattdessen sollte die Bundesrepublik in der Außenpolitik auf Diplomatie und Entwicklungshilfe setzen. Ähnlich hatte sich auch Bartsch geäußert. Der von einigen Medien prognostizierte »Knatsch« zwischen den beiden lässt sich bislang nicht beobachten.

Schwierige Fragen würden sich in der LINKEN wohl erst dann zuspitzen, wenn Debatten über eine Regierungsbeteiligung im Bund anstehen sollten. Doch danach sieht es zurzeit nicht aus. Zwar regiert die LINKE in Brandenburg und Thüringen mit der SPD zusammen, doch im Bund gibt es keine größeren Annäherungsversuche zwischen Spitzenpolitikern der beiden Parteien.

Im Unterschied zu Wagenknecht gilt Bartsch eher als ein Sympathisant von Koalitionen mit der SPD. Doch er setzt auf die gleiche Taktik, die auch sein Vorgänger Gregor Gysi im Umgang mit den Sozialdemokraten verfolgte: ihnen vorhalten, dass sie ihre sozialen Ankündigungen nur gemeinsam mit der Linkspartei durchsetzen können. Ansonsten sind diese Versprechen nämlich nur leere Worte. Als Bartsch bei der Pressekonferenz darauf angesprochen wurde, ob er in der Wohnungsbaupolitik nicht ähnliche Ziele wie die Sozialdemokraten verfolge, antwortete er: »Die SPD muss mehr tun und nicht nur reden.«

In Umfragen ist eine mögliche rot-rot-grüne Koalition weit von einer eigenen Mehrheit entfernt. Dies liegt auch am Aufstieg der AfD. Neben Unterstützern anderer Parteien waren auch einige Wähler der LINKEN bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr in Thüringen, Brandenburg und Sachsen zur sogenannten Alternative für Deutschland gewechselt. Bartsch mahnte, dass man nicht den Losungen der AfD hinterherrennen solle. Eine wichtige Ursache für die wachsende Unterstützung der rechten Partei sei die verfehlte Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, so Wagenknecht. Die Linksfraktionschefs wollen sich unter anderem in der Flüchtlingspolitik von der rechten »Alternative« abgrenzen. So fordern sie in ihrem Papier, dass sich die Bundesregierung im Rahmen der Europäischen Union dafür einsetzen solle, dass legale und sichere Einreisewege geschaffen werden.

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