Lügenvideo

Andreas Fritsche über seinen unfreiwilligen Auftritt bei der AfD

Darf ein SPD-Landrat mit der AfD-Landtagsfraktion diskutieren, sich zu einem Gruppenfoto aufstellen und damit die Abgrenzungsversuche der eigenen Partei unterlaufen? Der SPD-Vorstand sagt jetzt ganz klar: Nein.

Aber darf ein nd-Redakteur an einen Infostand der AfD herantreten und sich dabei filmen lassen. Ich denke ja. Ich bin es meinen Lesern schuldig, gut zu recherchieren, um wahrheitsgemäß zu berichten. Denn ich bin zwar von der angeblichen Lügenpresse, aber ich lüge nicht.

Bei der Recherche zum jüngsten SPD-Abgrenzungsbeschluss bin ich auf ein AfD-Werbevideo gestoßen, in dem ich auftauche. Man sieht mich im Oktober vor einem Cottbuser Hotel. Drin wird über die Kreisgebietsreform debattiert. Draußen gibt es eine Protestkundgebung. Die AfD ist mit Stand dabei und dreht offenbar - ich bemerke das nicht - ein Filmchen. Just in dem Moment, in dem ich in dem Video zu sehen bin, berichtet der Sprecher sinngemäß davon, dass sich besorgte Bürger an die AfD wenden.

Wenn ich mir Sorgen mache, würde ich damit nie zur AfD laufen. Ich habe nur beobachtet, wie der CDU-Landtagsabgeordnete Michael Schierack im Vorbeigehen einen Mann am AfD-Stand mit Handschlag begrüßte. Das wäre mir angesichts der Abgrenzungsversuche der CDU zur AfD eine Zeile wert gewesen. Aber ich muss das überprüfen und frage nach, ob der Mann AfD-Mitglied ist oder nur zufällig dort steht. Es ist Schieracks Vater, der auch der CDU angehört, stellt sich heraus. Seinem Vater sollte ein Sohn die Hand schütteln. Damit ist die Sache für mich erledigt.

Selbstverständlich darf mich die AfD bei einer Kundgebung ohne meine Erlaubnis filmen, und die Verknüpfung von Text und Bild ist im konkreten Fall rechtlich nicht zu beanstanden. Trotzdem muss ich schmunzeln und der Begriff »Lügenpresse« kommt mir unwillkürlich in den Sinn.

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