Berliner Linkspartei: »Wir können das besser«

Delegiertentreffen in Adlershof: Wahlen 2016, Strategie-Debatte der Sozialisten, Solidarität mit Anschlagsopfern

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 8 Min.

Update 17.40 Uhr: Der Leitantrag »Mit einer starken Linken für ein soziales Berlin« wurden bei einigen Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen mit einer großen Mehrheit von den Delegierten angenommen. Der Landesparteitag unterstützt damit auch den Vorschlag für einen Spitzenkandidaten Klaus Lederer, der dann im Frühjahr aber erst endgültig von der Vertreterversammlung der Partei gewählt werden wird, wenn auch die Landesliste beschlossen wird.

Update 17.20 Uhr: Der designierte Spitzenkandidat Klaus Lederer hat seine halbstündige Rede beendet. Er rief am Ende die Delegierten auf, bis zum Wahlabend am 18. September 2016 zu kämpfen »mit Herz um jede Stimme«. Im Gegensatz zur »planlosen Puzzelei« skizzierte Lederer die Alternative einer funktionierenden und modernen Verwaltung. »Das ist doch keine Zauberei – das können wir offenbar besser«, sagte er.

Wie sehr sich die politische Agenda in der Stadt in den vergangenen Monaten verändert hat, spiegelte sich auch in der engagierten Rede des designierten Spitzenkandidaten wieder: Neben der Thematisierung des islamistischen Terrors ging es in der Rede vor allem um die desaströse Flüchtlingsunterbringung in der Stadt, die Mietenpolitik nahm dagegen vergleichsweise wenig Raum in der Rede ein. »Erst werden jahrelang die Entwicklungen ignoriert und wenn die Probleme dann unübersehbar sind, wird chaotisch, planlos, hektisch und nicht selten symbolisch reagiert«, sagte Lederer. Und: »Es ist die Kurzsichtigkeit, die Zaunkönigperspektive dieser Politik, die wir beenden müssen. Und deshalb gehört dieser Senat abgewählt, wir können das besser!«

»Haltung ist mehr als Symbolik, gerade angesichts des gegenwärtigen Rechtstrends in unserer Gesellschaft«, mahnte Lederer. »Wer an die Anhängerschaft der AfD herankommen will, darf nicht deren Positionen übernehmen. Es hilft nur der harte Weg des Werbens für die Richtigkeit der eigenen Positionen. Es ist ein Kampf um gesellschaftliche Mehrheiten, da kann sich niemand wegducken.«

Update 16.10 Uhr: Der ehemalige Senator und Spitzenkandidat der LINKEN in Berlin, Harald Wolf, greift die von der Parteiströmung Antikapitalistische Linke (AKL) vorgeschlagen sogenannten roten Haltelinien für eine Regierungsbeteiligung an. »Das ist nicht radikal. Das ist albern«, sagte Wolf mit Blick auf die Forderungen nach beispielsweise 140 000 neuen Sozialwohnungen, 10000 Stellen im Öffentlichen Dienst oder der Forderung der Rekommunalisierung der verkauften Wohnungsbaugesellschaft GSW. Wichtiger sei, zu welchen Bedingungen und wie die Mieten in den Sozialwohnungen sind. In Bezug auf den kommenden Wahlkampf appellierte Wolf an die Partei, den designierten Spitzenkandidaten Klaus Lederer zu unterstützen: »Lasst uns nach den Wahlen wieder streiten – wir brauchen jetzt die Geschlossenheit.«

Update 15.20 Uhr: Warnende und mahnende Worte der DGB-Vorsitzenden von Berlin und Brandenburg, Doro Zinke, angesichts der jüngsten Umfrage zu gestiegenen Werten für die extrem rechte AfD: »Ich sehe, was die gesellschaftliche Stimmung angeht, tiefdunkel schwarz«, erklärte Zinke. Wichtig sei deshalb, die gesellschaftliche Debatte zu führen. »Wie können wir Gesellschaft verändern und gesellschaftliche Stimmungen beeinflussen«, betonte Zinke unter Applaus.

Update 15.10 Uhr: Die Generalaussprache zum Leitantrag läuft. Unter anderem haben sich die Bundespolitikerinnen Petra Pau und Gesine Lötzsch zu Wort gemeldet. Emotional und lauter wird es im Saal bei der Frage, ob die LINKE wieder Regierungsverantwortung in Berlin übernehmen soll. Den Delegierten liegt auch ein Antrag zu sogenannten roten Haltelinien für eine Regierungsbildung vor. Der Delegierte Michail Nelken aus Pankow kritisierte, das der Partei, was die Berlinprogrammatik betrifft, kein überzeugendes Programm vorliegt, wie Berlin geändert werden soll. Außerdem gebe es bis heute »keine wirklich kritische Analyse zur rot-roten Regierungszeit«, so Nelken.

Update 14.20 Uhr: Die Berliner Linkspartei begrüßt die Flüchtlinge Ervis Meçella und Thierry Danchop als neue Parteimitglieder. »Die LINKEN haben gezeigt, dass sie keinen Unterschied machen zwischen Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen«, begründete Meçella seinen Eintritt. »Flüchtling ist Flüchtling.« Für Danchop aus Kamerun war ein Fluchtgrund, dass man in Europa Sozialist sein könne, ohne dafür ins Gefängnis zu müssen.

Update 14 Uhr: Der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, hat in seiner Rede zur Bilanz der Fraktionsarbeit die Große Koalition in Berlin scharf angegriffen. »Je früher dieses rot-schwarze Trauerspiel beendet ist, desto besser für die Stadt«, sagte Wolf, der insbesondere das Versagen des Senats in der Flüchtlingsunterbringung hervorhob. Die LINKE selbst sieht Wolf für mögliche Sondierungs- und Koalitionsgespräche gut vorbereitet. Dem designierten Spitzenkandidaten der Berliner LINKEN sicherte Wolf seine Unterstützung zu: »Klaus Lederer ist für uns der richtige Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl 2016 in Berlin.« Nur er sei in der Lage, in Milieus vorzudringen, die der Linkspartei gegenüber aufgeschlossen sind, so Wolf.

Update 13.10 Uhr: Die Delegierten des Landesparteitages beschließen bei lediglich zwei Enthaltungen den Baustein »Gute Bildung für alle – bildungspolitische Leitlinien bis zum Jahr 2030«. Damit ist der Diskussionsprozess der LINKEN zum Leitbild, der nach der Wahlniederlage im Jahre 2011 eingeleitet wurde, abgeschlossen. Weitere Bausteine des Leitbildprozesses waren die Themen Wohnen/Mieten, Berlin in Europa und Gute Arbeit/Mobilität. Nach der Pause geht es auf dem Parteitag um 13.40 Uhr mit dem Leitantrag »Mit einer starken Linken für ein soziales Berlin« weiter.

Update 12.40 Uhr: Auf dem Landesparteitag in Adlershof sind von 174 Delegierten 145 anwesend, die Parteiversammlung ist damit beschlussfähig. Außerdem sind 42 Gäste vor Ort.

Update 12.30 Uhr: Bemerkenswerter Eintritt in die Berliner Linkspartei. Als Gast und Neumitglied spricht in der laufenden bildungspolitischen Debatte der Ex-Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), Klaus-Dieter Teufel. Der Landesvorsitzende Klaus Lederer begrüßt den Neu-LINKEN mit den Worten: »Wir sind froh, dass Du bei uns mitmachst.«

Update 12 Uhr: Nach dem Thema Schule geht es in der Bildungsdebatte auf dem Landesparteitag um die Kitas. Die Sprecherin der Linksfraktion für Jugend und Familie im Abgeordnetenhaus, Katrin Möller, erklärt: »11 000 Kitaplätze in der Stadt können nicht besetzt werden, weil die Erzieher dafür fehlen.« Die LINKE will diesen Missstand beheben und bis zum Jahr 2020 zusätzlich 20 000 Kitaplätze schaffen. In seinem Grußwort bedankt sich Bernd Schwarz vom Landeselternausschuss Kita und dem Kita-Bündnis bei der Linksfraktion im Landesparlament, die für die Eltern ein verlässlicher Ansprechpartner sei. Der Landeselternausschuss vertritt etwa 150 000 Eltern von Kita-Kindern in der Metropole.

Update 11.20 Uhr: Auf dem Landesparteitag der Berliner Linkspartei ist die Debatte zu den bildungspolitischen Leitlinien bis 2030 in vollem Gange. Zuvor wurde auf der Versammlung der Opfer der islamistischen Anschläge der vergangenen Wochen gedacht. Auch einige Gäste des Parteitreffens kamen zu Wort. Die Sprecherin des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg (TBB), Ayse Demir, betonte die Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen mit dem Parteiprogramm der LINKEN in der Integrations- und Flüchtlingspolitik. Ein weiterer Gast auf dem Landesparteitag ist der Vorsitzendes des Untersuchungsausschusses zum BER im Berliner Abgeordnetenhaus und Vorsitzende der Piratenfraktion, Martin Delius. Einigen Abgeordneten der Piratenfraktion wird eine inhaltliche Nähe zu den politischen Zielen der Linkspartei nachgesagt, dass es zu Übertritten von Abgeordneten vor dem Ende der Legislatur kommt, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Die Abgeordneten der Piratenfraktion haben angekündigt, zumindest bis zur Wahl im kommenden Herbst 2016 weiterzumachen.

Update 11 Uhr: Livestream, Twitter, Papierberge
Wer bei dem Wetter lieber zu Hause bleibt, kann sich den Parteitag der Berliner Linken auch im Livestream ansehen – und zwar hier. Auf der Website finden sich im unteren Bereich auch alle Anträge an das Delegiertentreffen. Auf Twitter kann der Parteitag ebenfalls verfolgt werden – hier und hier.

Berliner Linkspartei: »Wir sind bereit«

Die Berliner Linkspartei ist am Samstag zu einem Landesparteitag in Adlershof zusammengekommen. Für die 174 Delegierte wird es um die Wahlen 2016, die Strategie-Debatte der Sozialisten und um aktuelle Themen gehen. »Ziel ist es, einerseits unseren Leitbildprozess abzuschließen und andererseits die Vorbereitung auf das Wahljahr 2016«, sagte der Landesvorsitzende und designierte Spitzenkandidat der LINKEN, Klaus Lederer, im Vorfeld gegenüber »nd«.

Nach der 2011 klar verlorenen Wahl und der Erkenntnis, dass nach der zweiten rot-roten Koalition keine strategische Idee mehr vorhanden war, hatte sich die Partei eine Grundsatzdebatte verordnet. Dieser Diskussionsprozess findet am Samstag seinen vorläufigen Abschluss. Im zweiten Teil des Parteitages geht es dann um den Leitantrag »Mit einer starken Linken für ein soziales Berlin«, sozusagen die Kampfansage der Sozialisten zur kommenden Abgeordnetenhauswahl.

»Wir wollen 15 Prozent plus x holen«
Klaus Lederer über Wahlziele und linke Stadtpolitik

Lederer wird Spitzenkandidat der Berliner Linkspartei
Landesvorstand verständigte sich am Dienstagabend über Vorschlag für die Abgeordnetenhauswahl 2016

Nach den Debatten der vergangenen Monate zu den geflüchteten Menschen beinhaltet der Antrag eine klare Positionierung: »Für die LINKE ist klar, dass wir dabei an der Seite jener stehen, die sich solidarisch mit den Geflüchteten zeigen und dies praktizieren«, heißt es. Zur Flüchtlingspolitik gibt es darüber hinaus einen weiteren Antrag.

Ob es angesichts des desolaten Zustands des Senats zu vorgezogenen Wahlen in Berlin kommt, vermag derzeit niemand einzuschätzen. Die LINKE geht von einer »inneren Blockade« des Senats aus, Neuwahlen gegenüber wäre sie aufgeschlossen. Auch die Bedingungen für eine Regierungsbeteiligung werden im Leitantrag festgelegt: »Wir sind bereit, eine rot-rote oder rot-rot-grüne Koalition zu bilden, wenn diese sich auf ein gemeinsames politisches Programm verständigen kann, das auch über den Tag hinaus grundlegende Veränderungen im obigen Sinne anstrebt.«

Der vom Landesvorstand vorgeschlagene Spitzenkandidat Klaus Lederer wird entgegen früherer Parteitagsabläufe erst nach der Aussprache der Delegierten am Nachmittag gegen 16 Uhr sprechen.

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