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Quetschen statt beschlagnahmen

Christin Odoj zur Debatte um die Flüchtlingsunterbringung

Diese Schizophrenie ist wirklich schwer zu behandeln. Einerseits wird der Senat nicht müde zu betonen, wie gerne er auf die Unterbringung in Turnhallen verzichten würde, gleichzeitig hält er den Bezirken - wie Michael Müller (SPD) in seiner letzten Regierungserklärung - vor, wer bei der Unterbringung (auch in Turnhallen) nicht mitmachen will, der solle nicht länger im Weg stehen. Geschenkt, ob Müller damit öffentlich Sozialsenator Mario Czaja (CDU) diskreditiert hat, er rüffelte damit auch die BürgermeisterInnen von Mitte, Pankow oder Neukölln, alle aus der eigenen Partei.

Wer am Abend einen Anruf aus dem LAGeSo bekommt, er solle mal schnell 100 Betten in einer Turnhalle aufbauen, in der vor 30 Minuten noch der dienstägliche Zumba-Kurs stattgefunden hat, der fühlt sich als Bürgermeister zurecht zum Erfüllungsgehilfen einer verfehlten Flüchtlingspolitik degradiert. Da ist die Diskussion um menschenwürdige Lebensverhältnisse noch gar nicht geführt worden.

Mit der Entscheidung, den Flughafen Tempelhof zu einem Mega-Flüchtlingslager auszubauen, konterkariert der Senat vieles, was Michael Müller in seiner Regierungserklärung Richtiges gesagt hat. »Es wird keine schnellen Lösungen geben«, gehört nicht dazu, denn genau auf die setzt Rot-Schwarz immer noch alles. Anstatt endlich mit der Bereitstellung leer stehender Immobilien zu beginnen und auch mal irgendwas zu beschlagnahmen, wird noch das zweihundertfünfzigste Doppelstockbett in ein Zelt auf das Tempelhofer Feld gequetscht.

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