Offen für die radikale Rechte

Beim Parteitag in Hannover bestätigt die AfD ihre extreme Anti-Asyl-Linie

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die AfD hat Beschlüsse verabschiedet, die sich gegen den Zuzug von Flüchtlingen richten. Das Treffen der Rechtspartei wurde von Protesten begleitet.

Während im Hannover Congress Centrum 600 Delegierte beim Bundesparteitag der sogenannten Alternative für Deutschland über Anträge berieten und abstimmten, formierte sich in der niedersächsischen Landeshauptstadt der Protest. Mehrere Tausend Menschen demonstrierten friedlich gegen den Parteitag und die Politik der AfD. Die Veranstalter sprachen am Samstagnachmittag von rund 3000 Teilnehmern, die Polizei zählte etwa 1200 Menschen. Die Veranstaltung solle ein Zeichen setzen für Mitmenschlichkeit und eine solidarische und bunte Gesellschaft, sagte Hartmut Meine von der IG Metall: »Wir stehen hier für eine humane Zivilgesellschaft, die Fremden in Not hilft. Eine Gesellschaft, in der Antisemitismus und Islamfeindlichkeit keine Chance haben.« Die AfD versuche, Ängste zu schüren gegenüber Flüchtlingen, anderen Religionen oder anderen Lebensweisen, so Meine. »Wir brauchen die AfD hier nicht und sagen an die Adresse der Delegierten der AfD: Wir wollen euch hier in Hannover nicht haben.« Initiiert hatte den Protest ein Bündnis, in dem unter anderem Kirchen, Parteien und Gewerkschaften engagiert sind.

Derweil bestätigten die Delegierten in der Halle den Rechtskurs ihrer Partei. Sie verabschiedeten in der Flüchtlingspolitik mit großer Mehrheit einen schärfer formulierten Alternativantrag des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und nicht die Vorlage des Vorstands um Frauke Petry. Für die Parteichefin war dies eine kleine Niederlage. In dem angenommenen Antrag werden ebenso eine Beschränkung des Asylrechts und die Einführung von Grenzkontrollen gefordert. Darin heißt es, der Staat müsse die nationale Identität schützen. Zu diesem Schutz gehöre es, »wehrhaft und kraftvoll« dem Entstehen von Gegen- und Parallelgesellschaften entgegenzutreten. Der Familiennachzug müsse beschränkt werden. Asyl-Obergrenzen seien rechtmäßig und notwendig.

Die Asylpolitik hat die Europapolitik längst als wichtigstes Thema für die AfD abgelöst. Trotzdem stimmten die Delegierten mit breiter Mehrheit erneut für die Forderung, den Euro sofort abzuschaffen.
Frauke Petry forderte in einer Rede den Rücktritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die in der »Migrationskrise« die Kontrolle verloren habe. Als besonders radikaler Vertreter gilt Thüringens AfD-Fraktionschef Björn Höcke. Er hatte zuletzt mit deutschnationalen Parolen Tausende Demonstranten aus dem rechten Spektrum begeistert. Nun warf Höcke am Rande des Parteitags den anderen Parteien in Deutschland eine »multikulturelle Revolution von oben« vor. »Deutschland in seiner jetzigen Form soll abgeschafft werden«, jammerte der 43-Jährige. Was das genau bedeuten sollte, sagte er nicht.

Angesichts der guten Umfragewerte gibt es Anzeichen für einen Größenwahn in der AfD. Nach Ansicht von Ko-Parteichef Jörg Meuthen könne man bei der nächsten Bundestagswahl mit einem zweistelligen Ergebnis rechnen. »Wir haben ein Wählerpotenzial von bis zu 20 Prozent«, behauptete Meuthen.
Am Sonntag beschloss der Kongress für die Führung der Partei eine Doppel- oder Dreierspitze. Die Delegierten folgten einem Antrag des Vorstands. Vorstandwahlen standen nicht an. Allerdings gibt es nun die Möglichkeit, bei der nächsten Wahl einen dritten Sprecher neben Meuthen und Petry zu bestimmen.

Eigentlich wollte die AfD bei ihrem Treffen ein Parteiprogramm verabschieden – dies ist aber auf kommendes Jahr verschoben worden. Die AfD könnte sich bis dahin weiter radikalisieren. »Die AfD vereint derzeit Strömungen von konservativ bis rechtsextremistisch, von jedem ein bisschen«, sagte der der Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer. Deshalb könne man die Partei auch nicht mit einem griffigen Begriff charakterisieren. Mit Agenturen

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