Angriff und Rückzug vom DOSB

Präsident Alfons Hörmann kritisiert Bundespolitiker, will aber doch deren Förderung

  • Jörg Mebus, Hannover
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem Olympia-Aus von Hamburg hat Präsident Alfons Hörmann die DOSB-Mitglieder in Hannover hinter sich vereint. Dennoch stehen dem deutschen Sport schwierige Jahre bevor.

Am Ende des Tages, der so triumphal für ihn verlaufen war, bekam Alfons Hörmann wohl doch noch Angst vor der eigenen Courage. Er habe »Menschen oder Wegbegleiter nicht beschädigen«, sondern die Dinge nur »offen ansprechen« wollen, sagte der DOSB-Präsident am Ende der 12. Mitgliederversammlung in Hannover, auf der er sich mit einer flammenden Grundsatzrede die Rückendeckung der Delegierten gesichert hatte. Hörmann legte sich allerdings auch mit den mächtigsten Politikern des Landes an, die dies in den anstehenden Verhandlungen über die Neuordnung der Spitzensportförderung nicht vergessen dürften. Nach dem Aus der Hamburger Olympiabewerbung ist dies immerhin das Kernthema des kommenden Jahres.

Gegenüber dem anwesenden Thomas de Maizière trat Hörmann mit extrem breiter Brust auf, er rang dem Bundesinnenminister sogar ein schmerzhaftes Dementi ab. Finanzminister Wolfgang Schäuble kritisierte er in seiner Rede für dessen unmittelbar nach dem Hamburger Desaster geäußerte Feststellung, der Sport müsse wieder liebenswerter werden. Angela Merkel hatte Hörmann in einer Sitzung mit den Spitzenverbänden am Freitag nach Auskunft von Beteiligten sogar noch wesentlich heftiger attackiert. Demnach habe sich die Bundeskanzlerin zu wenig für die Hamburger Bewerbung eingesetzt.

Schnell begann Hörmann mit dem Relativieren, die Millionen von der Politik, auf die der Spitzensport in Zukunft mehr denn je angewiesen sein wird, hatte er dabei sicher im Hinterkopf. Merkel habe in schwierigen Zeiten schließlich andere Prioritäten als den Sport, für seine Schäuble-Aussagen akzeptierte er einen Rüffel von de Maizière, und die Partnerschaft mit dem BMI nannte Hörmann dann doch »intakt«.

Es steht viel auf dem Spiel. Der deutsche Spitzensport soll wieder erfolgreicher werden, dafür soll er nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro besser strukturiert auftreten und, das ließ de Maizière zumindest durchblicken, mit einem aussichtsreichen Konzept im Rücken auch besser finanziert werden. Der DOSB will dennoch keinen Zentimeter seiner Autonomie preisgeben und »Verstaatlichung« unbedingt vermeiden - eine Zwickmühle.

Das dem Innenminister unterstellte Bundesamt für Sportwissenschaft (BISp) hatte kurz vor der Sitzung in Hannover einen Testballon steigen lassen. Es spielte auf seiner Website das Konzept eines »Bundesamtes für Sport« als zentrale Regulierungsstelle für die Förderung durch, was die DOSB-Delegierten auf die Palme brachte. De Maizière beschwichtigte und bezeichnete das Vorgehen seiner Behörde als »dämlich«. Er habe davon nichts gewusst.

Wie groß die Kluft zwischen Politik und DOSB dennoch ist, zeigt eine andere Episode. Die Sportvertreter liefen Sturm gegen die Entscheidung, aus dem Nachtragshaushalt drei Millionen Euro an das umstrittene »Momentum«-Projekt der Sporthochschule Köln zu vergeben, das sportwissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis transferieren soll. Dass der DOSB dabei völlig übergangen wurde, lässt tief blicken.

Zu den Verhandlungen über die neue Spitzenförderung schweigen sich DOSB und Innenministerium aus. De Maizière sagte nur so viel: »Wenn wir einen Sprinter hätten, der ins Halbfinale der Olympischen Spiele käme, wäre das ein riesengroßer Erfolg. Wenn wir aber über drei Olympische Winterspiele beim Rodeln, Bob und Biathlon nie wieder eine Medaille gewinnen, dann müsste man über die Förderung nachdenken.« SID/nd

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