Teurer Terror

IS-Einnahmequellen sollen versiegen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Terroristen finanzieren sich teilweise über legale oder halblegale Quellen. Eine Taskforce soll nun versuchen, den Finanzsumpf trockenzulegen - die Erfolgsaussichten sind gering.

Terror ist teuer. Der Aufbau illegaler Strukturen, die Reisen der Kader, Waffenkäufe und das Führen von Bürgerkriegen sind kostspielig. Woher kommt das Geld? Am Wochenende rückte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) einmal mehr Saudi-Arabien in den Fokus. In der Zeitung »Bild am Sonntag« warf der Sozialdemokrat dem Wüstenstaat indirekt finanzielle Unterstützung des Terrorismus vor.

Seit den 1960er Jahren finanziert die ölreiche Monarchie aus öffentlichen wie privaten Quellen Moscheen, Schulen und islamische Kultureinrichtungen in aller Welt. Die extreme saudische Ideologie des Wahhabismus wuchs dadurch von einer kleinen Strömung im sunnitischen Islam zu einer globalen Kraft - was dem Westen lange recht war. So setzten vor allem die USA auf die Saudis als regionale Macht gegen den schiitischen »Schurkenstaat« Iran. Deutschlands Wirtschaft schätzt die Saudis als Partner und Aktionär.

Für eine direkte Terrorfinanzierung etwa von Al-Qaida oder »Islamischer Staat« (IS) fehlen Beweise. Das gilt auch für Katar, das Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt und Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft 2022. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging schnell auf Distanz zu ihrem Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), nachdem dieser Katar in einem Interview als mögliche Finanzquelle des IS nannte. Der IS sei zwar finanziell sehr gut aufgestellt, so Merkel, aber, soweit sie das wisse, ohne von einem Staat unterstützt zu werden.

Das IS-Reich scheint vor allem auf Ölhandel zu beruhen. Der Export soll in diesem Jahr 500 Millionen Dollar eingebracht haben, schätzt das US-Finanzministerium. In einem etwa hundert Kilometer langen Grenzstreifen Syriens mit dem NATO-Mitgliedsstaat Türkei soll der IS trotz westlicher Luftangriffe 160 Ölquellen betreiben. Andere Experten halten solche Schätzungen für übertrieben.

Auch in Libyen dürfte der IS Zugriff auf Förderanlagen haben. Verkauft wird das Rohöl auf regionalen Schwarzmärkten, aber auch an kleinere, legale Ölhandelsfirmen etwa in der Türkei oder Italien. Die weißgewaschenen Gewinne werden in die Finanzmärkte eingespeist. Das gilt auch für Profite aus dem Schmuggel von Flüchtlingen übers Mittelmeer, dem Kidnapping von Touristen in Algerien oder dem Raub von Antiquitäten. Beim Weißwaschen dürften sich der IS und Konsorten an der Mafia und den Piraten orientieren: Über Rechtsanwälte und Notare in Frankfurt, Briefkastenfirmen auf den britischen Cayman-Inseln oder Außenhandelsfirmen in Nordamerika fließen Gewinne in die legalen Finanzströme.

Die internationale Gemeinschaft hat den Kampf gegen die Terrorfinanzierung aufgenommen. Die Arbeitsgruppe »Financial Action Task Force« (FATF) arbeitet in Paris, am Sitz der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Sie wurde Ende der 1980er Jahre gegründet, um die Drogenkartelle in Südamerika von ihren Finanzströmen abzuschneiden. Das ist nur in Ansätzen gelungen.

Auch der aktuelle Kampf gegen die Terrorfinanzierung scheint wenig erfolgversprechend. Eine besondere Herausforderung sind kleine Beträge: Der Anschlag auf das Satiremagazin »Charlie Hebdo« soll durch einen Konsumkredit über 6000 Euro finanziert worden sein. Bei der Weißwäsche in großem Stil werden Geldbeträge in wenigen Stunden über fünf, sechs Konten bei Banken und Unternehmen auf zwei, drei Kontinente überwiesen. Dagegen dauert es mindestens zwei Tage, bis Länderbehörden auf Indizien reagieren.

Die höchsten Risiken sieht der neue FATF-Chef, der Brite David Lewis, denn auch in den großen Volkswirtschaften mit ihrem unübersichtlichen Bankensektor. Selbst die EU ist bei der Auswertung der Finanzströme auf Hilfe der US-Amerikaner angewiesen. Zwar haben die meisten Länder heute Gesetze gegen die Terrorfinanzierung. Doch nur in 33 von 194 Ländern kam es zu Verurteilungen, schreibt die FATF in einem im November veröffentlichten Report an die G20-Regierungschefs. Besonders hervorgetan hat sich dabei ausgerechnet Saudi-Arabien. Kein anderes Land soll so viele Personen und Organisationen wegen Terrorfinanzierung verurteilt haben - etwa acht Mal so viele wie die USA.

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