LAGeSo-Präsident Franz Allert reicht Rücktritt ein

Regierender Bürgermeister Michael Müller hatte zuvor Sozialsenator Mario Czaja zum Handeln aufgefordert

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Chaos für Flüchtlinge am Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) in Berlin hat erste personelle Konsequenzen: Nach einer ultimative Rücktrittsforderung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) reichte der bisherige Präsident des LAGeSo, Franz Allert, am Mittwochabend bei Sozialsenator Mario Czaja (CDU) seinen Rücktritt ein.

Die Bilder der in der Kälte wartenden Flüchtlinge vor dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) erschüttern Deutschland. Am Mittwochabend trat angesichts der Krise der Präsident des LAGeSo, Franz Allert, von seinem Posten zurück. Das teilte ein Sprecher von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) mit.

Zuvor hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) angekündigt, der katastrophalen Situation nicht mehr länger zuzuschauen. Der Senatschef hatte seinen Sozialsenator Mario Czaja (CDU) ultimativ aufgefordert, den Präsidenten des LAGeSo, Franz Allert, zu entlassen.

»Wir brauchen hier eine neue Spitze im LAGeSo, die ihre Verantwortung wirklich wahrnimmt«, sagte Müller in der »Abendschau« des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Die Sozialverwaltung sei zuständig, diese Ablösung zu organisieren, so Müller. Und: »Wir sind jetzt in einer Situation, in der wir nicht mehr länger warten können.« In den kommenden Tagen sollen die Zustände vor dem LAGeSo endlich spürbar verbessert werden, kündigte Müller an. Unter anderem sollen die Wartezelte für Flüchtlinge geöffnet und das Zugangssystem verbessert werden.

LAGeSo-Chef Franz Allert selbst, der ursprünglich als Studiogast in die »Abendschau« geladen war, wollte nach Bekanntwerden der ultimativen Rücktrittsforderung zunächst nicht öffentlich Stellung beziehen. Den Fernsehauftritt sagte er kurzerhand ab. Auch von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) wurde am Abend zunächst keine öffentliche Reaktion bekannt. Später hieß es in einer schriftlichen Erklärung: »In Anbetracht der massiven persönlichen Kritik an Franz Allert hat dieser mich gebeten, ihn mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben zu freizustellen. Ich werde dieser Bitte entsprechen und respektiere diesen Schritt.« Erst am vergangenen Dienstag hatte sich der starke Mann der CDU, der Landesvorsitzende und Innensenator Frank Henkel, nach Kritik von den Grünen und einigen Anwälten wegen des LAGeSo-Chaos vor seinen Senator gestellt. »Czaja hat den härtesten Job in der Stadt. Und er stellt sich dieser Verantwortung«, hatte Henkel erklärt.

Dass der Regierende Bürgermeister nur einen Tag später den Sozialsenator mit seiner Rücktrittsforderung erneut unter Druck setzt, ist auch als ein Affront gegen seinen Koalitionspartner zu werten. Mit seinem Rücktritt entlastete Allert den Sozialsenator. Bereits Mitte November hatte der Senatschef Müller in einer bemerkenswerten Regierungserklärung das Missmanagement bei der Flüchtlingsunterbringung und das Registrierungschaos am LAGeSo scharf kritisiert. Die Abgeordneten der CDU hatten die Rede Müllers damals im Landesparlament mit eisigem Schweigen bedacht und nicht ein einziges Mal geklatscht. Diesmal wird der Koalitionsstreit sicherlich nicht so einfach beizulegen sein wie damals, gut möglich, dass die Forderung Müllers trotz des Rücktrittes Allerts eine ernste Koalitionskrise auslöst. Wie ernst die Lage ist, wird sich an diesem Donnerstag im Abgeordnetenhaus zeigen. Da sollte es eigentlich in erster Linie um die Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2016/2017 gehen. Angesichts des Rücktritts von Allert dürften die Finanzen aber wohl eher in den Hintergrund rücken.

Die oppositionelle Linkspartei kritisierte den neuerlichen Koalitionsstreit zwischen SPD und CDU am Mittwochabend scharf. »Den inneren Ärger auf dem Rücken der Refugees auszutragen, ist unwürdig«, erklärte der designierte Spitzenkandidat der LINKEN für die kommende Abgeordnetenhauswahl, Klaus Lederer, dem »neuen deutschland«. Die Linkspartei wolle dabei nicht mitmachen, sondern lieber weiter den Flüchtlingen konkret vor Ort in den Notunterkünften und Asylbewerberheimen helfen. »Wenn Müller mit der Situation am LAGeSo unglücklich ist, dann spielt man keine Bauernopfergeschichten«, kommentierte Lederer. Außerdem liege das Problem laut Lederer viel tiefer: »Das LAGeSo steht nur exemplarisch für die Art, wie derzeit mit Problemen in dieser Stadt umgegangen wird.«

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