Meilenstein mit Nachbesserungsbedarf

Die Einigung auf ein Weltklimaabkommen stößt nicht bei allen auf Freude und Erleichterung

Von »historisch« bis »zynisch« reicht die Palette der Reaktionen zum neuen Weltklimaabkommen.

»In Paris hat es seit Jahrhunderten viele Revolutionen gegeben. Aber heute ist die schönste und friedlichste aller Revolutionen vollbracht worden, die für den Klimawandel.« Frankreichs Präsident François Hollande war beileibe nicht der einzige Politiker, der sich euphorisch zum Ausgang des 21. UN-Klimagipfels äußerte. Am Samstagabend beschlossen die Vertreter aller 195 UN-Staaten sowie der EU in Paris ein neues Weltklimaabkommen. Dieses schreibt das Ziel fest, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf »weit unter« zwei Grad Celsius, möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Auch die regelmäßige Überprüfung nationaler Klimaschutzziele und Finanzhilfen für arme Länder im Umfang von 100 Milliarden Dollar ab 2020 sieht der Vertrag vor.

Die Verhandlungen waren am Freitag ins Stocken geraten. Vor allem ein Bekenntnis der großen Schwellenländer Brasilien, Südafrika und Mexiko, das Abkommen zu unterstützen, brachte den Durchbruch. Zum Schluss sorgte noch der Vertreter Nicaraguas mit der Bemerkung, die Klimaschutzanstrengungen seien nicht ausreichend, für Verzögerung. Das Land enthielt sich der Stimme - ein Nein hätte das Abkommen zu Fall gebracht.

Rund um den Globus wurde die Einigung als »historisch« begrüßt. US-Präsident Barack Obama sagte, dieses Abkommen schaffe »die Rahmenbedingungen, die die Welt braucht, um die Klimakrise zu lösen«. Von einer »echten Weichenstellung der Welt in Richtung Energiewende« sprach Kanzlerin Angela Merkel. Mexikos Staatspräsident Enrique Peña Nieto twitterte, der Vertrag biete die Basis für eine nachhaltige globale Wirtschaft und eine Verringerung des CO2-Ausstoßes.

Umwelt- und entwicklungspolitische Verbände begrüßten die Einigung, sehen aber Nachbesserungsbedarf: Der Vertrag bestätige klar, dass »vor allem die Industriestaaten in der Pflicht sind, die Entwicklungsländer bei ihren Klimaschutzbemühungen zu unterstützen und ihnen bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu helfen«, sagte Stefan Krug von Greenpeace im »nd«-Interview. Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig nannte den Text einen »Meilenstein«, schränkte aber ein: »Weder haben die Länder verabredet, ihre schwachen Klimaschutzziele nachzubessern, noch enthält das Abkommen robuste Verpflichtungen für die reichen Länder zur Unterstützung der armen Länder bei der Anpassung an den Klimawandel.« Als »zynisch« bezeichnete Hannah Eichberger vom Aktionsbündnis »Ende Gelände« die Einigungen: »Sie werden als Erfolg verkauft, bedeuten aber, dass der Klimawandel katastrophal voranschreitet.«

Das Abkommen muss von den Parlamenten ratifiziert werden, bevor es in Kraft treten kann. Eine Ausnahme bilden die USA. Da keine Emissions- oder Finanzzahlen im »Paris Agreement« stehen, muss dort der von konservativen Klimaschutzgegnern dominierte Kongress nicht zustimmen. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, kündigte bereits an, der nächste US-Präsident könne Obamas Klimaschutzvorschriften »einfach zerreißen«. Seite 2

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