Der Sound des Berghain

Das Label »Ostgut Ton« feiert sein Zehnjähriges mit einer üppigen Compilation

  • Michael Saager
  • Lesedauer: 2 Min.

Schön, wenn Dinge so gut zueinander passen. Wenn sie einander sowohl formal wie inhaltlich entsprechen, so wie der imposante Berliner Techno-Club »Berghain« (mit der darin befindlichen »Panorama Bar«) und die wuchtige Zehnfach-Vinyl-Box »Ostgut Zehn«. Die Zehn kann sich ja, als erste Dezimalzahl mit zwei Ziffern, an sich schon sehr gut sehen lassen. Sie steht sozusagen auf zwei Beinen, so leicht pustet sie nichts um.

Das weltberühmte, Ende 2004 aus dem schwulen Techno-Club »Ostgut« hervorgegangene »Berghain« im Bezirk Friedrichshain nahe Kreuzberg bläst selbst der mächtigste Orkan nicht um. Steht man vor dem monolithisch-quadratischen Ex-Heizkraftwerk, kommt man sich ziemlich winzig vor. Ist man erst drin, was das Passieren der strengen Türsteher voraussetzt, schrumpft man noch einmal weiter. Das »Berghain« ist eine mehrstöckige Kathedrale, ein Tempel, eine hedonistische Welt in der Welt, mächtige Bassbeats massieren einen bereits am Treppenaufgang hinter der Garderobe.

Was im »Berghain« passiert - was auch immer es ist -, bleibt im »Berghain«. Dieses dem konsequenten Ausleben von verschiedensten Feierfreiheiten dienende Motto ist sicher eine Garantie seines Erfolgs. Die zweite Garantie ist identisch mit der großartigen Musik, die dort läuft - viel so genannter »Berlin Techno«, herrlich schwer und ergreifend schlicht. Wobei das musikalische Spektrum auch jede Menge House und allerlei hybride Club-Sounds umfasst. Gespielt wird die Musik von geschmackssicheren, technisch versierten DJs und Live-Acts, zuvorderst von einer eingeschworenen Riege so genannter Resident-DJs und immer wieder gern gehörter Gast-DJs, die den Club mit ihrem je spezifischen Sound und Stil als den Club musikalisch erkennbar machen. Und die ihre Tracks jetzt - anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Club-Plattenlabels »Ostgut Ton« - in Gestalt einer musikalisch inspirierten Riesenbox geradewegs ins Wohnzimmer marschieren lassen.

Mit dem Ruhm des »Berghain« weiter gewachsene Berliner Techno-Größen wie Marcel Dettmann, Ben Klock, Marcel Fengler oder Substance präsentieren auf »Ostgut Zehn« den typischen Sound des großen Techno-Dancefloors im ersten Stock: düster, erdig, metallisch, psychedelisch, erhaben. DVS1 verbreitet filigrane Techno-Eleganz, Ryan Elliot lässt ungestüm Percussion rappeln. Dinky, Martyn, Virginia und Label-Chef Nick Höppner machen House, swingend, fett und deep oder alles zugleich.

Die 30 Stücke fassende Compilation, die es auch als formschöne CD-Box oder Download gibt, bietet mehr Berghain-Techno als Panorama-Bar-House. Aber natürlich muss das genauso sein, denn so will es das grandiose Monster aus Beton - der Club.

Diverse: »Ostgut Zehn« (Box Set) (Ostgut Ton/Rough Trade)

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