12,9 Milliarden D-Mark sind noch im Umlauf

Im 14. Jahr nach der Euro-Einführung wuchs mancherorts die Umtauschsumme sogar - zum Beispiel im Nordosten

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In Mecklenburg-Vorpommern werden wieder mehr D-Mark in Euro getauscht. Woher kommt das Geld jetzt noch? Auch bei der Bundesbank weiß man das zumeist nicht so genau.

Schwerin. Fast eineinhalb Jahrzehnte nach der Einführung des Euro werden in Mecklenburg-Vorpommern immer noch Hunderttausende D-Mark zur Bank gebracht und eingetauscht. In den vergangenen Jahren stiegen die entsprechenden Summen sogar, wie aus aktuellen Zahlen der Bundesbank für den Nordosten hervorgeht.

Im zu Ende gehenden Jahr 2015 wurden bisher knapp 616 000 D-Mark in den beiden Bundesbank-Filialen Rostock und Neubrandenburg getauscht (Stand: 16. Dezember). Dafür erhielten die Besitzer fast 315 000 Euro, wie ein Bundesbank-Sprecher in Hamburg auf Anfrage der dpa mitteilte. Die Banker zählten 2751 Transaktionen - das entspricht rund 114,45 Euro je Umtausch.

Im gesamten Vorjahr waren im Nordosten bei 2865 Transaktionen rund 527 000 D-Mark in knapp 270 000 Euro getauscht worden, im Jahr 2013 wurden rund 469 000 D-Mark in knapp 240 000 Euro eingewechselt.

Über die Gründe für die Zunahme des Geldwechsels in den letzten Jahren rätseln auch Bundesbanker. »Wir fragen nicht, woher das Geld kommt«, sagte Sprecher Christian Hecker in Hamburg. »Erst ab einer Summe von 15 000 Euro ist nach dem Geldwäschegesetz ein Ausweis vorzulegen und die Ausweisdaten sowie der wirtschaftliche Hintergrund der Transaktion werden erfasst.« Die meisten Tauschsummen lägen deutlich darunter.

Nicht alles Geld, das in Mecklenburg-Vorpommern getauscht wird, muss jedoch auch von dort stammen - es kann etwa bei der Wohnungsauflösung des gestorbenen Onkels gefunden worden sein. Immer wieder gibt es Berichte, wonach Reisende aus Ländern, in denen die D-Mark früher als Zweitwährung galt - zum Beispiel Osteuropa - alte Bargeldbestände mitbringen und in Deutschland eintauschen. D-Mark-Scheine oder -Geldstücke können in allen Filialen der Bundesbank kostenlos und zeitlich unbegrenzt umgetauscht werden.

Nach Angaben der Bundesbank sind bis zum 30. November 2015 rund 12,9 Milliarden D-Mark nicht umgetauscht worden. Bei einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov gab mehr als jeder Zweite (54 Prozent) an, noch Münzen oder Scheine der alten deutschen Währung zu Hause zu haben.

Laut Bundesbank waren Ende November noch rund 168 Millionen D-Mark-Scheine und gut 24 Milliarden D-Mark-Münzen im Umlauf. Vor allem bei den Geldstücken scheint den Menschen eine Trennung schwer zu fallen: Bezogen auf den Wert des D-Mark-Bargelds zur Euro-Bargeldumstellung Ende 2001 befanden sich im November 2015 nur noch rund vier Prozent der Banknoten im Umlauf - dagegen wurden 54 Prozent der Münzen bis heute nicht umgetauscht. Die Bundesbank betont dennoch: »Die Zahlen zeigen, dass eine große Menge an D-Mark bereits zurückgeflossen ist.« Nach früheren Angaben des Bankenverbands werden bei den Geldstücken vor allem Fünf- und Zehnmark-Münzen - also Gedenkmünzen - nicht umgetauscht: »Davon dürfte ein beachtlicher Teil nicht mehr existieren, da es sich in den vergangenen Jahren aufgrund des hohen Silberpreises lohnte, diese Münzen einzuschmelzen, soweit sie aus Silber bestehen.« Ein erheblicher Teil befinde sich auch in Schatullen von Sammlern.

Auch die Bundesbank vermutet vor allem Gedenkmünzen in Sammlerhänden. Für Sammlerleidenschaft oder Nostalgie spricht auch, dass bei den Banknoten insbesondere die kleinen Stückelungen noch im Umlauf sind: Gut 17 Prozent der 10-Mark-Scheine und mehr als die Hälfte der Fünfer (51 Prozent).

Für Geldstücke gilt: Insbesondere bei Münzen im Wert von zehn Pfennig und weniger dürften einige Besitzer wegen des geringen Wertes auch einfach zu träge sein, das Geld umzutauschen. Zum Teil sei das Geld wohl auch verloren worden, vermutet die Bundesbank. Und einige Menschen hätten wohl schlicht vergessen, dass sie noch irgendwo D-Mark versteckt haben.

Immer wieder tauchen längst vergessene D-Mark-Noten per Zufall auf. So konnte sich ein älteres Ehepaar nicht über die »sichere« Verwahrung der Scheine verständigen. Daher habe das Paar die eine Hälfte im Keller, die andere auf dem Dachboden versteckt. Mit doppelt schlechtem Ausgang, wie die Bundesbank im Zusammenhang mit einem Erstattungsantrag zu beschädigten D-Mark-Banknoten erfuhr: »Während die eine Hälfte im Keller durch Feuchtigkeit beschädigt wurde, trug die andere Hälfte deutliche Spuren von Mäusefraß.«

Wenn die alte Währung bei Wohnungsauflösungen oder auch bei Erbschaften auftaucht, kann das dazu führen, dass die Menschen, die den Fund bei den Filialen der Bundesbank in Euro tauschen wollen, nicht so genau wissen, woraus ihr Schatz besteht. So hat eine Dame Münzen im Nennwert von mehreren hundert D-Mark zum Umtausch eingereicht, wie die Bundesbank berichtet: »Darunter befanden sich drei Gedenkmünzen zu jeweils 5 DM aus den 1950er Jahren. Wir haben diese Münzen an die Einreicherin zurückgesandt mit der Bitte, diese bei einem Münzhändler zum Verkauf anzubieten.« Die Frau konnte sich freuen: »Statt dem üblichen Umtauschbetrag von 2,56 Euro erhielt sie dort pro Stück 100 Euro!«

Weniger Glück hatte ein Mann aus den USA, der eine verkleinerte 200-D-Mark-Note in der Größe von viermal acht Zentimetern an die Bundesbank schickte - mit dem Aufdruck »Spielgeld«. Ein Umtausch war natürlich ausgeschlossen, der Mann erhielt sein Exemplar zurück. dpa/nd

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