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Politveteran

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wir stehen für eine Alternative, damit die Dinge besser werden.« Es ist ein hehrer Anspruch, den der Sozialdemokrat Henry Ramos am Sonntag nach seiner Wahl zu Venezuelas Parlamentspräsidenten formulierte. Ein Parlament, das am 5. Januar seine Geschäfte aufnahm und erstmals seit 1999 wieder eine Mehrheit in ihren Reihen hat, die nicht aus Abgeordneten der Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) besteht, die vom langjährigen Präsidenten Hugo Chávez (1999 - 2013) maßgeblich initiiert wurde.

Die Wahl des 72-jährigen Ramos lag nicht auf der Hand. Der Generalsekretär der Traditionspartei Acción Democrática (AD) musste sich innerhalb des Oppositionsbündnisses Tischs der Einheit (MUD) dafür in einer Kampfabstimmung gegen Julio Borges von Primera Justicia durchsetzen, der mit 33 Abgeordneten stärksten Einzelpartei des MUD.

Ramos wächst als Parlamentspräsident viel politische Macht zu, denn in der Nationalversammlung verfügt das MUD über 112 Abgeordnete, was einer Zwei-Drittel-Mehrheit entspricht. Die kommt vorerst indes nicht zum Tragen, da drei Sitze per Gerichtsbeschluss derzeit suspendiert sind.

Vielleicht nimmt mit Ramos eine Zeitenwende ihren Ausgang, ein echter Neuanfang sicher nicht: Der Politveteran gehört wie die AD zum alten Establishment, das von 1958 bis 1999 Venezuela politisch und ökonomisch heruntergewirtschaftet hat und so den Ein- und Aufstieg des Offiziers Hugo Chávez in die Politlandschaft ungewollt beförderte. Denn die AD hatte sich nach dem Ende der Diktatur Jiménez 1958 im Punto-Fijo-Abkommen mit der christlich-demokratischen »Copei« darauf verständigt, sich die Pfründe der Regierungsmacht zu teilen. Demokratischem Verfall und Korruption wurden damit die Türen geöffnet.

Ramos’ Hauptziel ist die Freilassung aller als politisch erachteten Gefangenen, auch solcher, die 2002 den Putschversuch gegen den gewählten Präsidenten Chávez orchestrierten. »Wir bitten die Venezolaner, uns zu prüfen, zu fordern und zu überwachen, damit wir unserer Verpflichtung gerecht werden.« Das tut auf alle Fälle not.

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