Protest kontra Tempelhof-Pläne

Hunderte sprechen sich gegen Massenunterkunft und Änderungen bei Volksbegehren aus

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Widerstand gegen die Pläne der Koalition für das Tempelhofer Feld lässt nicht nach. Immer mehr Initiativen sprechen sich gegen die geplante riesige Flüchtlingsunterkunft und Gesetzesänderung aus.

Für eine einzelne Kiez-Initiative ist es die Beteiligung ein Erfolg. Rund 400 Menschen folgten am Sonnabend dem Aufruf der Neuköllner »Weisekiezinitiative« und beteiligten sich an der Demonstration gegen den Ausbau des Flüchtlingslagers auf dem Tempelhofer Feld und das »Kippen des Tempelhofer-Feld-Gesetzes«, wie es in einem Redebeitrag auf der Demonstration hieß. Unter den Demonstranten befanden sich auch viele geflüchtete Menschen aus den Hangars und weiteren Unterkünften.

Der Widerstand gegen die Bebauungspläne und die geplante Änderung der Volksgesetzgebung reißt damit nicht ab. Wie auf der sehr gut besuchten Bürgerversammlung am Donnerstagabend wurde erneut der große Unmut über die Koalitionspläne von SPD und CDU sichtbar. »Der Senat hält an den Plänen fest, dort ein Massenlager für bis über 8500 Geflüchtete zu errichten. Die aktuellen katastrophalen Zustände würden erweitert«, hatte die »Initiative 100 Prozent Tempelhofer Feld« bereits in der vergangenen Woche erklärt. Dass der Senat bewusst menschenunwürdige Substandard-Unterkünfte plane und neu errichte, sei nicht hinnehmbar.

»Hände weg vom Volksentscheid!«, fordert auch ein großes stadtpolitisches Bündnis, dem sich inzwischen 70 Initiativen, Vereine und Verbände angeschlossen haben. Mit dabei sind unter anderem der Berliner Wassertisch, der Berliner Energietisch sowie die Initiative Mietenvolksentscheid. Die Organisationen fordern, die Änderung des Gesetzentwurfes zu stoppen, weil dieser das Ungleichgewicht zwischen Bevölkerung und Regierung weiter verstärken würde. »Wir lehnen den vom Senat initiierten und von SPD und CDU eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Abstimmungsgesetzes ab«, heißt es in dem Aufruf.

Kritikpunkte der Initiativen sind die Pläne des Senats, künftig seine Öffentlichkeitsarbeit gegen Volksbegehren und Volksentscheide aus Steuermitteln zu finanzieren. Die Initiatoren von Volksentscheiden dagegen müssten bei ihren Anliegen weiter ohne Kostenerstattungen auskommen. »Wenn der Senat für Gegenkampagnen zu Volksbegehren auf Steuergelder zurückgreifen will, muss das auch den Initiativen möglich sein«, sagt Oliver Wiedmann, der Vorstandssprecher des Vereins »Mehr Demokratie Berlin-Brandenburg«.

Auch die verschärften Bedingungen für die Unterschriftensammlungen werden von den Initiativen und Verbänden abgelehnt. So soll beispielsweise in Zukunft bereits eine Abkürzung eines Straßennamens oder eine einzelne unleserliche Angabe zur Ungültigkeit der Signatur führen. »Die Unterschrift und das vollständige Geburtsdatum reichen aus, um sicherzustellen, dass Volksbegehrens-Unterschriften nicht gefälscht werden«, sagt Wiedmann. Solange die Identität der Unterzeichnenden zweifelsfrei festgestellt werden könne, dürfen die anderen Angaben auch lückenhaft sein.

Die geplanten Gesetzesänderungen sind an diesem Montag auch Thema im Abgeordnetenhaus, wo eine öffentliche Anhörung geplant ist, zu der auch Sachverständige wie Oliver Wiedmann von »Mehr Demokratie« geladen sind.

Einen Niederschlag findet die aktuelle Debatte um die Zukunft der Volksbegehren auch in den Wahlprogrammen der Parteien. Die Linkspartei beispielsweise fordert keine Einschränkung, sondern eine Ausweitung der Bürgerbeteiligung in ihrem Wahlprogrammentwurf, der allerdings im März noch von den Delegierten beschlossen werden muss. »Das Gesetz nur deshalb zu ändern, um zu zeigen, dass man es ändern kann und damit die Tür für weitere Vorstöße in der Zukunft aufzustoßen, ist unsinnig«, sagt der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus und designierte Spitzenkandidat, Klaus Lederer. Warum das Tempelhof-Gesetz geändert werden muss, um den befristeten Aufbau mobiler Einrichtungen auf versiegelten Flächen am Rande Vorfeldes zu genehmigen, bleibe ein Geheimnis der Koalition.

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