Verstaubt

Kurt Stenger über die Proteste von Stahlfirmen in Brüssel

Eigentlich müssten sich Europas Stahlkonzerne derzeit ganz dolle freuen: Eisenerz und Kokskohle, die sie in rauen Mengen in ihren Hütten verschlingen, sind spottbillig. Dumm nur, dass auch die Stahlpreise eingebrochen sind - eine Folge riesiger Überkapazitäten weltweit. Angesichts hoher Verluste werden Standorte geschlossen und Stellen abgebaut. Solange China als riesiger Nachfrager boomte, herrschte eitel Sonnenschein. Wenn chinesische Firmen aber nun ebenfalls ihr Heil im Export suchen, ist das Reich der Mitte der große Bösewicht.

Der Dumping-Vorwurf gegen chinesische Zombie-Stahlfirmen, die mit staatlichen Milliarden künstlich am Leben gehalten werden und die Luft mit Feinstaub vergiften, ist natürlich berechtigt. Aber aus dem Munde der Industrie auch reichlich scheinheilig: Was sind die EEG-Umlage-Ausnahmen deutscher Konzerne anderes als Kostendumping? Oder die Forderung der Branche, dass sie trotz aller Klimaschutznotwendigkeiten ihre CO2-Emissionen nicht spürbar reduzieren müssen? Industrievertreter prangern Freihandel immer nur dann an, wenn sie mal nicht davon profitieren. Ansonsten wollen sie ihn lieber ausweiten, siehe TTIP.

Verstaubte Ad-hoc-Maßnahmen aus dem letzten Jahrhundert wie Zölle sind daher nicht der richtige Weg gegen ruinöses Dumping. Bei Protektionismus setzt sich am Ende ja doch nur der Stärkere durch. Vielmehr geht es darum, der Handelsglobalisierung strenge soziale und ökologische Regeln zu geben. Nur dann wird die Stahlproduktion in Europa eine Zukunft haben.

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