Blaues Auge für den Kaiser

Verwarnung und niedrige Geldstrafe wegen mangelnder Kooperationsbereitschaft für Beckenbauer

  • Arne Richter 
und Wolfgang Müller, Zürich
  • Lesedauer: 3 Min.
6800 Euro Geldstrafe sind für Beckenbauer kein Desaster. Auch die offizielle Verwarnung tut dem Fußball-Kaiser ohne Amt nicht weh. Das FIFA-Urteil hat mehr symbolischen Wert.

Seine zögerliche Kooperation mit den FIFA-Ethikhütern im Verfahren um die Skandal-WM 2018 und 2022 haben Franz Beckenbauer eine Verwarnung und eine Geldstrafe von 7000 Franken (rund 6800 Euro) eingebracht. Im Vergleich zu den Anschuldigungen rund um die ins Zwielicht geratene WM-Vergabe 2006 sind die nun unter dem Vorsitz von FIFA-Richter Jack Kariko aus Papua-Neuguinea sanktionierten Vergehen aber Marginalien und tangieren den Fußball-Kaiser ohne offizielles Amt wohl nicht sonderlich.

In dem schon seit der WM 2014 laufenden Verfahren ging es weder um den Verdacht von Korruption noch Amtsmissbrauch, sondern nur um die anfänglich verweigerte Aussagebereitschaft Beckenbauers zu den Turniervergaben an Russland und Katar.

»Im vorliegenden Fall unterließ es Franz Beckenbauer trotz wiederholter entsprechender Aufforderungen, an einer Untersuchung der Ethikkommission mitzuwirken«, hieß es in der FIFA-Mitteilung am Mittwoch. Damit verstieß der Ex-Funktionär gegen gleich drei Artikel des FIFA-Ethikcodes. Seine geringschätzige Meinung über das Verfahren als solches hatte Beckenbauer nie verborgen. Später hat er lediglich eingestanden, die Sache »anfangs unterschätzt zu haben«.

Was war passiert? Im Zuge ihrer Untersuchung um mögliche Bestechung befragten die FIFA-Ermittler alle Wahlmänner der skandalumwitterten Abstimmung pro Russland und Katar im Dezember 2010. Beckenbauer reagierte auf die auch schriftlich gestellten Anfragen zunächst nicht. Seine Erklärung: Er habe die im Juristen-Englisch formulierten Fragen nicht verstanden.

Die Ethikhüter sperrten Beckenbauer im WM-Sommer 2014 provisorisch für 90 Tage. Der Kaiser lieferte dann die geforderten Antworten, die Sperre wurde nach 14 Tagen aufgehoben. Seine Reise zum WM-Halbfinale sagte der in seinem Stolz gekränkte Beckenbauer dennoch ab. Das Verfahren lief weiter. Nicht nur gegen Beckenbauer, sondern auch gegen den FIFA-Vizepräsidenten Angel Maria Villar Llona aus Spanien, der im November sogar mit 25 000 Franken zur Kasse gebeten wurde, weil er nicht adäquat kooperierte.

Beckenbauer äußerte sich zunächst nicht zum Richterspruch. Gegen das Urteil könnte er bei der Beschwerdekammer der FIFA Berufung einlegen und den Internationalen Sportgerichtshof CAS anrufen - beides ist angesichts der Geringfügigkeit als unwahrscheinlich. Beckenbauer und sein Management haben andere Sorgen. Im Sommermärchenskandal wird am 4. März der Bericht der internen DFB-Ermittler der Kanzlei Freshfields präsentiert. Beckenbauer und sein Wegbegleiter Fedor Radmann sind derzeit nicht mit juristischen Ermittlungen konfrontiert. Doch Beckenbauers Kenntnis eines dubiosen 6,7 Millionen-Kredits und seine Unterschrift unter einen verdächtigen Vertrag mit dem mittlerweile lebenslang gesperrten Ex-FIFA-Vize Jack Warner ist dokumentiert. Die jetzige DFB-Spitze wertete diesen als möglichen Bestechungsversuch.

Weiter umstritten ist auch das Wahlverhalten Beckenbauers für die kommenden beiden WM-Turniere. Seine Stimme pro Russland hat der Kaiser bestätigt. Nach dem Votum heuerte ihn der russische Gasriese Gazprom als Botschafter an. Für Katar hat Beckenbauer angeblich nicht gestimmt. Dennoch war er später als Repräsentant einer Hamburger Firma wegen seiner guten Kontakte auf Geschäftsreise am Golf. dpa/nd

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