Messtechnik kann Schäden nicht verhindern

Berlin hat nicht nur ein geologisches Problem / Friedrichswerdersche Kirche weiter vom Zerfall bedroht

  • Constantin Mavromatidis
  • Lesedauer: 2 Min.
Wo »Werder« steht, ist Wasser zu vermuten. Um in Berlins Mitte bauen zu können, bedarf es an Fachkenntnis und Verantwortung.

Fehler sind menschlich, aber auch vermeidbar, hieß es in dieser Woche in der Geschäftsstelle des Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin (AIV). Der Verein hatte am Mittwochabend zu einem Salon mit dem Thema »Gründen in Mitte - Erfahrungen mit dem Berliner Baugrund« geladen. Die zentrale Frage, ob in Mitte wie bisher weitergebaut werden könne, sollte durch Experten erörtert werden. Spätestens seit Baumeister Andreas Schlüter ist bekannt, dass Berlins Bebauung mit einem geologischen Problem behaftet ist, da die Stadt im sogenannten Warschau-Berliner Urstromtal liegt. Im Grunde baut man in Mitte überall auf Wasser, schließlich gibt es hier zwei Flüsse und unzählige Quellen. Entscheidend für Bauplanung und -errichtung seien daher »Fachkenntnisse und Informationen über Aufbau und Gefüge des Berliner Untergrundes«, sagte Geologe Alexander Limberg von der Stadtentwicklungsverwaltung. Seine »Arbeitsgruppe Geologie und Grundwassermanagement« verwaltet umfangreiche Daten, die sich aus 150 000 Bohrungen speisen. »Bei diesem dichtem Raster sind genauere Prognosen möglich.«

Hätten die Verantwortlichen es nicht besser wissen können, oder wussten sie es gar besser? Diese Frage drängt sich im Fall der Friedrichswerderschen Kirche auf, die aktuell von Ost und West von Neubauten bedrängt wird und dadurch bereits seit 2012 enorme Schäden aufweist. Sabine Schulte vom Landesdenkmalamt sagte, dass es mit dem aktuellen zweiten Bauvorhaben nun ein Messsystem gebe, dessen Sensoren jede Veränderung am Schinkelbau registrierten und das die Denkmalpfleger ihre Aufgabe sehr ernst nähmen, obwohl sie mit Rationalisierungen zu kämpfen hätten. Eine hundertprozentige Sicherheit gebe es jedoch leider nicht.

Kritik an dem System der Messtechnik gab es am Donnerstag im Parlament von Philipp Magalski (Piraten). Die Warnung der Messsysteme, könnte Schaden nicht verhindern, so der Pirat zur Aussage des CDU-Abgeordneten Manuel Heide, dass es keine Rechtsgrundlage für einen Baustopp gebe, da Vorkehrungen zur Verhinderung weiterer Schäden getroffen seien. Katrin Lompscher, Stadtentwicklungsexpertin der LINKEN, nannte den Umgang mit dem Bauwerk »skandalös«. Der von ihr geforderte Baustopp wurde von der rot-schwarzen Koalition am Donnerstag im Parlament erneut abgelehnt.

Offen bleiben die Verantwortlichkeiten und Fehler weiterhin. Konkret konnte auch Peter Klein, Sachverständiger für Bauverfahren und Spezialtiefbau, nicht beantworten. Wohl konnte er Gründe für Fehler aufzählen, wie etwa »wirtschaftliche Zwänge«, »schlechte Baugrunderkundung« oder »Ausführungsfehler bei Spezialtiefbauarbeiten«. Aufgrund des Interesses am Schinkelbau wird es in absehbarer Zeit eine weitere Veranstaltung geben, kündigte Peter Lemburg vom AIV an.

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