Zweigeteilter Ansiedlungsraum
Zukunftsagentur legte Jahresbilanz vor - 3075 Arbeitsplätze in innovativen Unternehmen
Demnächst wird die neue Produktionsanlage des Potsdamer Medizintechnik-Unternehmers Christoph Miethke eingeweiht. Sie steht nicht irgendwo, sondern in der Reithalle der historischen Roten Kasernen im Bornstedter Feld bei Potsdam. 7,85 Millionen Euro investierte das High᠆tech-Unternehen, 1,66 Millionen Euro Fördergeld stecken darin.
Weil die ZAB daran bedeutenden Anteil hat, präsentierte sie ihre diesjährige Bilanz in den Räumen der Christoph Miethke GmbH Co. KG. Für die Agentur war 2015 ein gutes Jahr: Insgesamt konnten 3075 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, etwas mehr noch als im Jahr zuvor. Sie verteilten sich laut ZAB auf 84 Ansiedlungs- und 221 Innovationsprojekte sowie 46 Existenzgründungen - zumeist im industriellen Sektor, gefolgt von Unternehmen der Logistikbranche sowie aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik.
Allerdings sprudeln die Fördergeld-Quellen längst nicht mehr so ergiebig wie früher. Das Unternehmen Wirtschaftsförderung ist kleinteiliger geworden - und schmalbrüstiger. 259 Millionen Euro wurden im Vorjahr investiert, kein Vergleich zu den 824 Millionen Euro, die noch im Jahr zuvor zu Buche schlugen. Begründet wird dies mit dem Auslaufen der EU-Förderperiode.
Vor allem aber: Brandenburg ist kein sogenanntes Ziel-Eins-Gebiet mehr, muss sich also mit viel weniger Geld aus EU-Töpfen bescheiden. Mit Blick auf das Auslaufen der hohen Förderung seien viele kostenintensive Projekte vorgezogen worden, erklärte ein ZAB-Sprecher.
Die ZAB ist für Investoren, brandenburgische Unternehmen und Existenzgründer ein zentraler Ansprechpartner. Zu den Gesellschaftern zählen das Land und die Handwerkskammern. Seit der Gründung 2001 wurden den Angaben zufolge knapp 6000 Unternehmensprojekte betreut. Dahinter stehe ein Investitionsvolumen von knapp zehn Milliarden Euro.
Auffällig auch: Die betreuten Investitionen konzentrieren sich in der Potsdamer Region, eventuell noch im sogenannten Speckgürtel um Berlin. Der spanische Spezialist im 3D-Laserschneiden von Karosserieteilen investiert in Ludwigsfelde. Der IT-Dienstleister Enersis Suisse hat sich mit seiner deutschen Tochtergesellschaft in Dreilinden niedergelassen. Schon eher Ausnahme: In Schwedt (Uckermark) siedelt sich die A&W Apparate & Wärmetauscherbau an.
Für ZAB-Geschäftsführer Sebastian Saule war 2015 »ein gutes Innovationsjahr, ein wichtiges Jahr für das Thema Energie und bedeutsam für das internationale Geschäft«. Auf dem Energiesektor spüre man, wie sehr das Thema Unternehmen und Kommunen bewege. »Insgesamt 388 Energieberatungen haben wir durchgeführt. Das ist ein Spitzenwert.«
Brandenburg sei Modellregion für die Integration Erneuerbarer Energien, hob Saule hervor. Ein Spitzenwert seien allerdings auch die Energiepreise in Brandenburg, mit denen Einwohner und Unternehmer den Vorsprung des Landes bei der Energiewende bezahlen müssen.
Der Trend zur Zweiteilung des Landes in einen starken Speckgürtel und strukturschwache Regionen in berlinfernen Städten und Gemeinden verfestigt sich weiter: Brandenburg profitiere auch von der wirtschaftlichen Dynamik Berlins, betonte Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) bei dieser Gelegenheit: »Berlin hat gerade beim Gründungsgeschehen einen guten Lauf. Das freut uns sehr. Davon profitieren wir auch, weil es auch einige gibt, die dann natürlich hier in Brandenburg oder im unmittelbaren Berliner Umland landen.«
Gerber hat derzeit eine ganze Menge um die Ohren, und keineswegs klingt alles nach Erfolg. Was mit der Braunkohleindustrie in der Lausitz wird, weiß zur Zeit noch niemand. Das Bahnwerk in Eberswalde steht auf der Kippe. Und am Industriestandort Hennigsdorf drohen erhebliche Verluste an Arbeitsplätzen.
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