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Zoff um Asylstandorte beigelegt

SPD und CDU einigen sich im Senat auf 68 Bauvorhaben für 34 000 Flüchtlinge

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Das wochenlange Hickhack im Senat um neue Bauplätze für Flüchtlingsunterkünfte ist vorerst beendet. Endgültig soll das strittige Thema nach einer Bedarfsanalyse im Mai abgeräumt werden.

Länger als üblich debattierte der Senat am Dienstag in seiner wöchentlichen Sitzung. Der Grund: Auf der Tagesordnung stand das Streitthema »Umgang mit der Standortauswahl für die Flüchtlingsunterbringung«. Wie und wo in den Bezirken die neuen Unterkünfte mit Containern und in Leichtbauweise entstehen sollen, war seit Wochen zwischen Senat und Bezirken, aber auch innerhalb der Koalition von SPD und CDU schwer umstritten. »Für die CDU-Seite war es wichtig, dass es zu einer gerechteren Verteilung kommt«, erklärte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) auf der sich an die Sitzung anschließenden Senatspressekonferenz.

Bei der Präsentation des Senatsbeschlusses war auch Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) mit dabei. Der Finanzsenator war für die Grundstücke zuständig, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung steuert die Bauvorhaben, und die Sozialverwaltung organisiert am Ende den Betrieb der Unterkünfte. »Wir haben bei den Containerstandorten ein Einvernehmen zu 26 von 30 Standorten erzielt«, sagte Kollatz-Ahnen. Bei den restlichen vier Standorten sollen noch Nachfragen der Bezirke geklärt werden. Einer Bitte um Rückmeldung der Finanzverwaltung war Bezirk Reinickendorf bis zum Ende der Senatssitzung nicht nachgekommen. Die Ausschreibung für die 15 000 Plätze in den Unterkünften hat die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) begonnen. Bis Juni sollen diese Unterkünfte fertig sein.

Leichtbauten für Flüchtlinge

Mit dem Berliner Doppelhaushalt 2016/2017 wurde die Errichtung von bis zu 60 Modularbauten als Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) beschlossen. Davon sollen nach dem Senatsbeschluss vom Dienstag in einer ersten Tranche in diesem Jahr zunächst 38 Standorte bebaut werden – ob die Bauten mit 19 000 Plätzen bis zum Jahresende fertig werden, ist allerdings unklar.

Neben den sogenannten MUFs errichtet der Senat 2016 auf maximal 30 Standorten Containerbauten. Die Bestellungen für die Container sind bereits vorgenommen worden. Sie sollen Ende Mai geliefert werden, so dass die Unterkünfte im Juni in Betrieb gehen könnten. Für den Betrieb der Containerunterkünfte werden darüber hinaus bereits Betreiberpools gebildet. mkr

Weiterer Bestandteil des Senatsbeschlusses sind die sogenannten Modularbauten für Flüchtlingsunterkünfte (siehe Kasten) an bis zu 60 Standorten. Auch diese waren zum Teil umstritten. Ein Erweiterungsbau in Leichtbauweise in der ehemaligen Lungenklinik Heckeshorn in Wannsee beispielsweise wurde jetzt auf Eis gelegt. Das war möglich, weil der Bezirk Steglitz-Zehlendorf dem Senat insgesamt fünf Standorte angeboten hat. Um die gerechte Gesamtverteilung unter den Bezirken hinzubekommen, verständigten sich SPD und CDU auf Unter- und Obergrenzen für Unterkünfte: »Pro Bezirk werden mindestens fünf und maximal neun Grundstücke als Container- und/oder Modularbauten-Standort belegt«, heißt es in dem Senatsbeschluss.

Durch die beschlossene Baumaßnahmen ist der Senat zuversichtlich, bald die mit derzeit 10 000 Menschen belegten Turnhallen in der Stadt leerziehen zu können. Immer vorausgesetzt, dass sich die Zuzugszahlen weiter so entwickeln wie bislang. Aktuell kommen laut Senat täglich zwischen 180 bis 200 Menschen nach Berlin. Der Zuzug kann sich aber in den kommenden Monat wieder verstärken, das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellt den Bundesländern in diesem Jahr erstmals keine Prognose zur Verfügung. Die restlichen Standort will das Land Berlin deshalb Anfang Mai nach einer Bedarfsprognose beschließen.

Bei der Opposition wurde der getroffene Kompromiss mit Skepsis aufgenommen. »Da liegt die Vermutung nahe, dass CDU- und SPD-Wahlkreiskriterien bei der Erstellung der Liste eine Rolle spielten«, sagt der Fraktionschef der LINKEN, Udo Wolf dem »nd«. Die LINKE werde sich die Standorte genau anschauen. Außerdem sei es fragwürdig, ob der Kompromiss mit den Bezirken abgesprochen wurde. Mit den zuständigen Stadträten der Linkspartei sei jedenfalls nicht mehr gesprochen worden.

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