Greenpeace: Fukushima-Folgen dauern Hunderte Jahre

Report der Umweltschützer informiert über gravierende Auswirkungen auf die Umwelt / Atomexperte: »Die Abe-Regierung täuscht vor, alles unter Kontrolle zu haben. Doch das ist eine Farce.«

  • Lesedauer: 3 Min.

Fukushima/Hamburg. Die Umweltbelastung durch den Super-GAU im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daiichi vor fünf Jahren wird nach Einschätzung von Greenpeace noch Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte andauern. »Das massive Dekontaminierungsprogramm der Regierung wird fast keine Auswirkung auf die Verringerung der ökologischen Bedrohung durch die enorme Menge an Radioaktivität aus Fukushima haben«, sagte Kendra Ulrich, Aktivistin bei Greenpeace Japan, am Freitag. Die Umweltschutzorganisation hat seit dem Super-GAU vor fünf Jahren zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen in Fukushima vorgenommen.

In mehr als 40 deutschen Städten erinnern an diesem Wochenende und am 11. März Greenpeace-Aktivisten an den katastrophalen Atomunfall. Die Umweltschützer appellieren an die japanische Regierung, die Bevölkerung nicht weiter dem atomaren Risiko auszusetzen und alle Reaktoren endgültig abzuschalten. In einem aktuellen Report informiert Greenpeace am Freitag über die gravierenden Umweltfolgen der Atomkatastrophe. »Die Folgen von Fukushima werden noch Jahrhunderte andauern«, sagt Heinz Smital, Kernphysiker und Atomexperte von Greenpeace. »Hunderttausende Menschen sind betroffen, weite Regionen an der Ostküste Japans bleiben radioaktiv belastet. Die Abe-Regierung täuscht vor, alles unter Kontrolle zu haben. Doch das ist eine Farce und eine Missachtung der Opfer.«

Greenpeace misst derzeit mit einem internationalen Team von Strahlenschutzexperten die radioaktive Belastung des Pazifiks vor Fukushimas Küste. Greenpeace-Mitarbeiter aus Japan, Deutschland, Belgien und der Schweiz untersuchen mit Hilfe eines Unterwasserroboters (Remotely Operated Vehicle ROV) die Kontamination des Meeresbodens. Das ROV ist mit einem hochsensiblen Gammastrahlenspektrometer und einem Probeentnahmegerät ausgestattet. Zu Beginn der Messtour besuchte Naoto Kan, Japans Premierminister zur Zeit des Fukushima-Unglücks, das Aktionsschiff Rainbow Warrior III. Kan fordert den endgültigen Ausstieg Japans aus der Atomenergie.

Greenpeace legt am Freitag eine Analyse der gravierenden Umweltfolgen des Atomunfalls vor. Danach setzte der Super-GAU weiträumig langlebige radioaktive Elemente frei - wie Cäsium 137 und geringe Mengen Strontium 90 - die von Pflanzen und Tieren aufgenommen wurden. Durch Schneeschmelzen, Wind und Regen breitet sich die Kontamination aus der Vegetation in den Wäldern, im Süßwasser und in den Küstenökosystemen aus. Die Auswirkungen sind bereits sichtbar: Viele Bäume weisen Cäsium-Kontaminationen auf. Wissenschaftler fanden Mutationen sowohl in japanischen Tannen und Zedern, im Gras und in Schmetterlingspopulationen, DNA-geschädigte Würmer, Cäsium-Belastung in Süßwasserfischen, verminderte Fruchtbarkeit von Schwalben und radioaktive Kontamination eines der wichtigsten Ökosysteme - den Flussmündungen.

Während nur 20 Prozent des radioaktiven Fallouts aus den explodierten Reaktoren auf die Landmasse niederging, ist die Verschmutzung enorm und weit verbreitet. Mehr als neun Millionen Kubikmeter Atommüll lagert derzeit an einigen Tausend Standorten in der Region Fukushima. Gereinigt wurden bewohnte Gebiete und schmale Streifen entlang der Straßen und der Waldränder. »Von den Bergen wird die Radioaktivität zurückkehren«, sagt Smital. »Ein Super-GAU lässt sich nicht einfach wieder aufräumen.« dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal