Signalwirkung für den Süden

Martin Ling über die Entscheidung der EU über Glyphosat

Sie gilt als Formsache: die weitere Zulassung des Pflanzengifts Glyphosat in der Europäischen Union für die kommenden 15 Jahre, die diese Woche in Brüssel ansteht und von der EU-Kommission propagiert wird. Es ist eine mehr als fragwürdige Entscheidung. Zwar ist wissenschaftlich nicht eindeutig geklärt, ob das Unkrautvernichtungsmittel »wahrscheinlich krebserregend« ist, wie es die Weltgesundheitsorganisation einstuft oder nicht, wie es das deutsche Bundesamt für Risikobewertung testierte. Klar ist aber, dass mit einer solchen Entscheidung das in der EU geltende Vorsorgeprinzip verletzt wird, wenn trotz unklarer Beweislage nicht weitere Studien angestellt, sondern einfach eine Zulassung verlängert wird. Dass die TTIP-Verhandlungen mit den USA, bei denen das Nachsorgeprinzip gilt, einen Einfluss auf die Entscheidung haben, ist ebenso naheliegend, wie es in Brüssel bestritten wird. Denn die USA drängen mit Macht auf das Nachsorgeprinzip beim Freihandelsabkommen.

Die Entscheidung von Brüssel hat aber weit über EU und die USA hinaus eine Signalwirkung. In den Entwicklungs- und Schwellenländern lande zehnmal mehr Glyphosat auf dem Acker als in Deutschland, vor allem auf den riesigen Sojaplantagen in Südamerika, so Bernhard Walter, Landwirtschafts-Experte von Brot für die Welt.

Dass der Boom des Anbaus von gentechnisch veränderter Soja, der nur mit Glyphosat möglich ist, in Südamerika tödliche Nebenwirkungen hat, lässt sich belegen. In den Sojagebieten gibt es dreimal so viele Krebsfälle bei Kindern wie in den Gebieten ohne Sojaanbau. Mit einer weiteren Zulassung für Glyphosat wird ein Negativsignal gesetzt: Profite haben Vorrang vor Agrarökologie und Gesundheitsschutz.

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