Geschlossenheit statt schlechte Laune

SPD sucht Auswege aus dem Wahldilemma und setzt auf Gabriel

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
In der SPD-Führung bemüht man sich nach den jüngsten Wahlniederlagen um Geschlossenheit. Das wird nicht reichen, um bei den Wählern wieder als «Volkspartei» zu punkten.

Nach den jüngsten Wahlerfolgen der AfD in mehreren Bundesländern verliert die Große Koalition auch bundesweit in der Wählergunst. Laut Emnid-Institut käme die Union derzeit auf 34 Prozent, die SPD könnte noch 22 Prozent der Stimmen für sich mobilisieren. Die Grünen erreichten - so wie die AfD - 13 Prozent: Die LINKE stagniert bei neun Prozent, die FDP könnte sechs Prozent erreichen.

Die SPD-Führung bemüht sich nach den Wahlniederlagen mal wieder um Geschlossenheit innerhalb der Partei. Parteichef Sigmar Gabriel fuhr daher am Freitagnachmittag nach Sachsen-Anhalt. Nach erdrutschartigen Verlusten bei der Landtagswahl (Wahlergebnis: 10,6 Prozent) brechen dort alte Konflikte auf. Was brachte Gabriel den Genossen mit? Eine Losung: Augen zu und durch. Er forderte den Landesverband zu einer Koalition mit CDU und Grünen auf, weil sonst «keine Regierung zustande kommt».

Wären Neuwahlen nicht die bessere Alternative? Kaum, meinte der Magdeburger Politikwissenschaftler Wolfgang Renzsch gegenüber dem MDR. «Die Wähler würden sich verschaukelt fühlen. Am Ende hätten wir nicht eine AfD mit 25, sondern mit 35 Prozent. Und die SPD würde deutlich näher an die Fünf-Prozent-Hürde rücken.» Das mag stimmen, doch die Landes-SPD muss sich zunächst einmal darüber klar werden, wie man die internen Probleme bewältigen will. Große Teile der Basis fordern den Rücktritt des gesamten Parteivorstands und die Wahl eines neuen. Dafür ist ein Sonderparteitag nötig, sieben von 14 Kreisverbänden sprachen sich dafür aus.

Wahrnehmungsschwierigkeiten hat aber offenbar auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Er prognostizierte, dass CDU und CSU die nächste Bundestagswahl verlieren werden, wenn sie ihren Konflikt in dieser Schärfe fortsetzen. Und er sieht darin eine Chance für seine Partei: «Die Union ist 2017 kein unschlagbarer Gegner mehr.» In einem «Spiegel»-Interview lobte er zugleich den Parteivorsitzenden Gabriel in höchsten Tönen. Er habe die Eigenschaften, die ein Kanzlerkandidat brauche.

Auch Bundesparteivize Olaf Scholz stellte sich ausdrücklich hinter Parteichef Sigmar Gabriel. Er rechnet nicht mit weiteren Wahldebakeln bis zur Bundestagswahl. «Ich bin sicher, dass die SPD überall da, wo sie den Regierungschef (...) stellt, das auch weiterhin tun wird», sagte der Hamburger Bürgermeister der dpa und bezog sich dabei auf Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz, die alte und vermutlich auch neue Ministerpräsidentin. Was sie vorgemacht habe, werde auch in allen anderen Bundesländern gelingen.

In dem Zusammenhang richten sich die Blicke auf Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. In allen vier Bundesländern stellen sich SPD-geführte Regierungen zur Wiederwahl. Hinzu kommt das Saarland, wo die SPD der kleine Partner in einer schwarz-roten Koalition ist.

Es müsse Ziel der SPD sein, dass sie als eine Partei wahrgenommen wird, in der Leute sind, die wissen, was sie tun, und deren Handeln von Vernunft und Pragmatismus geprägt ist.« Scholz hält die AfD für »eine Schlechte-Laune-Partei«. Schlechte Laune sei aber »kein politisches Programm und führt auch nicht dazu, irgendein Problem zu lösen«.

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