Staatschef Gunnlaugsson gegen Island

Die Briefkastenfirma des Premiers verklagt den Staat

  • Bengt Arvidsson
  • Lesedauer: 2 Min.

Am Montagnachmittag forderten wütende Isländer auf dem Austurvöllur, dem Platz vor dem Parlament in Reykjavik, Neuwahlen. 17 000 unterschrieben eine Petition zur Abwahl von Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson. Er steht in der Kritik, weil er laut den Panamapapieren eine Briefkastenfirma in einer Steueroase unterhalten haben soll.

Ausgerechnet Gunnlaugsson: 2013 wurde er zum Ministerpräsidenten gewählt, weil er für eine sehr strenge Haltung gegenüber den Gläubigerbanken und gegen die Kapitalflucht stand. 2007 kauften Gunnlaugsson und seine Frau die Scheinfirma Wintris Inc. Dabei half ihnen die Luxemburger Filiale der isländischen Landsbanki und die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca mit Hauptsitz in Panama. 2008 erwischte die Wirtschaftskrise Island. Die drei Großbanken, darunter Landsbanki, gingen bankrott und wurden zwangsverstaatlicht. In der Folge forderte Wintris Inc. 3,5 Millionen Euro vom isländischen Staat. Sie machte Werte geltend, die beim Bankrott verloren gegangen seien.

Als Gunnlaugsson 2009 ins Parlament einzog, informierte er es nicht über seine Firma und seine Rolle als Gläubiger. Öffentlich vertrat er eine unnachgiebige Haltung gegenüber allen Kreditgebern, die Forderungen an die bankrotten isländischen Banken und damit den isländischen Staat hatten. Seine Härte-Kampagne »InDefence« war so populär im Volk, dass er zum Parteiführer der rechtsliberalen Fortschrittspartei aufstieg und bei den Wahlen im Mai 2013 Ministerpräsident wurde. Dann verhandelte er mit ausländischen Gläubigern über die Tilgung der Schulden isländischer Banken. Kollegen kritisierten schon vor den gegenwärtigen Enthüllungen, dass der Premier ausländischen Gläubigern gegenüber zu nachgiebig gewesen sei. Nun behaupten seine Feinde, er habe das aus Egoismus getan.

Zunächst leugnete der Ministerpräsident, eine Briefkastenfirma zu besitzen. Als er vor laufender Kamera auf den Namen der Firma angesprochen wurde, verließ er den Raum. Seine Frau gab zu, dass es eine Firma gab. Das Geld sei allerdings ihr eigenes gewesen, welches sie durch den Verkauf eines Familienunternehmens erhalten habe. Aus dem Büro des Premiers hieß es, die Firma sei in der Steuererklärung gemeldet worden, der Vorgang verstoße nicht gegen isländisches Recht. Die Opposition sieht das anders: Sie bereitet einen Misstrauensantrag gegen Gunnlaugsson vor.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal