Mehr #8geben soll der Senat

Elsa Koester findet Twitter schön, aber gute Verkehrspolitik besser

  • Elsa Koester
  • Lesedauer: 2 Min.

Die sozialen Medien sind eine feine Sache. Das hat auch die Berliner Polizei vor zwei Jahren entdeckt. Auf ihrem Twitter- Account berichtet sie live von Einsätzen und hat damit schon 100 000 Follower gesammelt. Die neueste Idee: Eine Woche geballten Twitterns über Verkehrsunfälle. So wie die gruseligen Bilder von schwarzen Lungen auf Zigarettenschachteln vor dem Rauchen warnen, sollen Fotos von zerschmetterten Autos abschrecken und zu mehr Vorsicht im Verkehr führen.

Man muss es zugeben: Die Polizei macht das gut. Mit ihren Tweets kann sie sich sehen lassen. Witzig, locker, cool kommt sie daher: »Kein Bein- aber Nasenbruch bei Kollision zwischen Radfahrer & Pkw. #8geben«. Nicht schlecht. Auch die Masse der Tweets zeigt ihre Wirkung: Unfälle gibt es viele, sieht der aufmerksame Follower. Besser aufpassen.

Die gute Öffentlichkeitsarbeit der Polizei funktioniert. Denn wie jede gute Kampagne lenkt sie ab vom Eigentlichen: In diesem Fall von der schlechten Verkehrspolitik des Senats. Kein Raser, kein Radfahrern-den-Weg-Abschneider, kein Über-Rot-Bretterer wird sein Verkehrsverhalten durch einen lustigen Tweet ändern. Alle zwei Stunden verunglückt ein Radfahrer in Berlin. Was es da braucht, steht zum Beispiel in den Vorschlägen des Volksentscheids Fahrrad: Abgetrennte, breite Radwege, eigene Fahrradstraßen und der Umbau der gefährlichen Kreuzungen in Berlin. Progressive Ideen gibt es noch einige mehr. Eine autofreie Innenstadt beispielsweise, oder kostenloser Öffentlicher Nahverkehr. Vielleicht kosten einige dieser Vorschläge mehr Geld als ein paar Tweets. Oder belustigen weniger die Autoindustrie. Da müsste der Senat eben auch in seiner Finanz- und Wirtschaftspolitik ein bisschen mehr #8geben.

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