Spaßbremsen in Beirut

Meine Sicht

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.
Offenbar scheint Frank Henkel seiner eigenen Einschätzung nicht zu trauen. Mehr Polizei sei keine Spaßbremse, behauptet er. Das sehen viele anders, die negative Erfahrungen mit Polizisten auf Versammlungen gemacht haben.

Wie sich die Zeiten ändern. Zu seinen Oppositionszeiten brachte Frank Henkel (CDU) die jährlichen Auseinandersetzungen am 1. Mai zwischen Autonomen und Jugendlichen mit der Polizei noch mit einem »Bürgerkriegsszenario wie in Beirut« in Verbindung. Es ist gut, dass von solchem unsinnigen Getöse beim Innensenator nur noch wenig zu hören ist. »So friedlich wie nie« sei der 1. Mai im vergangenen Jahr gewesen, sagt der Innensenator heute.

Wenn das stimmt, stellt sich allerdings die Frage, warum die Polizei nicht ihre Präsenz weiter reduziert. 6500 Polizisten, die vor allem zum Absichern eines Besäufnisses dienen, sind viel zu viele. Zwar zeigt die Polizei in diesem Jahr mit der Abschaffung des Flaschenverbotes am Mauerpark, dass sie Verbote zurücknimmt, wenn sie überflüssig werden. Doch angesichts des Trends der vergangenen Jahre wäre mehr möglich. Die vielen vergeudeten Einsatzstunden könnte an anderer Stelle sicher sinnvoller genutzt werden.

Offenbar scheint Frank Henkel seiner eigenen Einschätzung nicht zu trauen. Mehr Polizei sei keine Spaßbremse, behauptet er gar. Das sehen viele Menschen anders, die bereits negative Erfahrungen mit Polizisten auf Versammlungen gemacht haben. Deeskalation bedeutet nicht mehr Präsenz, sondern vor allem Zurückhaltung.

Wenig überzeugend, wenn nicht gar fahrlässig ist auch die Argumentation, dass niemand beim »Myfest« ein Szenario wie bei der Katastrophe in Duisburg verantworten wolle. Um eine große Feierei abzusichern, braucht es ein gutes Konzept, aber nicht mehr Uniformierte.

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