Neue Sparbeschlüsse, neue Verhandlungen?

Griechenland drängt auf Schuldenerleichterungen - und ist damit nicht allein

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 2 Min.
Es ist zum gewohnten Bild geworden: Das griechische Parlament berät Einschnitte, die Gewerkschaften demonstrieren, die Gläubiger streiten.

Tausende Griechen sind am Sonntag in Athen und Thessaloniki auf die Straßen gegangen, um gegen neue Sparmaßnahmen zu demonstrieren. Sie setzten damit eine am Freitag begonnene Reihe von Protestaktionen und Streiks fort. Für den späten Abend wurde im Parlament die Abstimmung über die umstrittene Rentenreform und neue Steuerhöhungen erwartet. Sie ist Voraussetzung dafür, dass Griechenland weitere Kredite von den Gläubigern aus EU, Europäischer Zentralbank, Europäischem Stabilitätsmechanismus und Internationalem Währungsfonds (IWF) erhält.

Schon an diesem Montag sollen die Beratungen darüber in Brüssel fortgesetzt werden. Mit der vorgezogenen Parlamentsabstimmung wollte die griechische Regierung von SYRIZA-Chef Alexis Tsipras demonstrieren, dass sie die vereinbarten Reformen umsetzt. »Wir haben das gemacht, was wir versprochen haben«, sagte Finanzminister Efklidis Tsakalotos laut tagesschau.de. Jetzt müssten der IWF und die Euro-Länder Griechenland beim Schuldenabbau entgegenkommen.

Nicht nur Griechenland will eben jene Frage beim Treffen der Euro-Finanzminister besprechen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sieht das Krisenland auf einem guten Weg. »Wir sind gerade bei der ersten Überprüfung des Programmes, und die Ziele sind so gut wie erreicht«, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Finanzminister würden nun »erste Diskussionen darüber führen, wie man die Schulden für Griechenland langfristig tragfähig machen kann«. Dem IWF geht das nicht schnell genug. Das Thema müsse »sofort auf den Tisch«, schrieb IWF-Chefin Christine Lagarde in einem Brief an die 19 Euro-Länder. Sollte es nicht zu Schuldenerleichterungen kommen, wolle sich der IWF nicht an dem aktuellen Programm beteiligen, heißt es in dem Schreiben, das die »Financial Times« veröffentlicht hat. Der IWF setzt nun zudem auf ein Primärüberschussziel von 1,5 Prozent statt der bisher vereinbarten 3,5 Prozent. »Es gibt keinen Zweifel, dass dieses höhere Ziel nicht nur schwer zu erreichen ist, es wäre möglicherweise auch kontraproduktiv«, so Lagarde.

Vor allem die Bundesregierung lehnt jedoch Schuldenerleichterungen ab und fordert Kürzungsbeschlüsse auf Vorrat. Ein Kompromiss könnte ein automatischer Stabilisierungsmechanismus sein, der greift, sobald die Sparziele wirklich verfehlt werden.

Zahlreiche kritische Intellektuelle und linke Politiker warnen derweil in einem Offenen Brief an führende Staats- und Regierungschefs in der EU vor dem Ersticken Griechenlands und seiner demokratisch gewählten Regierung. Sie verlangen, die Kreditraten pünktlich auszuzahlen, keine neuen Kürzungsauflagen zu machen, zusätzliche humanitäre Hilfen bereitzustellen und eine Umstrukturierung der Schulden noch in diesem Jahr zu gewähren. Über den Brief hatte zuerst das kritische Wirtschaftsmagazin oxiblog.de berichtet. Mit Agenturen Seite 7

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