Ärzte ohne Grenzen nimmt kein Geld mehr von der EU

Hilforganisation prangert unmenschliche Flüchtlingspolitik Brüssels an

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Aus Protest gegen die Abschottungspolitik der Europäischen Union wird Ärzte ohne Grenzen keine Gelder mehr bei der EU und ihren Mitgliedstaaten beantragen. »Wir sehen in unseren Projekten jeden Tag, welches Leid die aktuelle EU-Politik verursacht«, begründet Florian Westphal, Geschäftsführer der Hilfsorganisation in Deutschland, die Entscheidung. Ärzte ohne Grenzen verzichtet damit auf Finanzierungen in Höhe von derzeit rund 50 Millionen Euro im Jahr. Man setze verstärkt auf Privatspender, heißt es.

Drei Monate nach Inkrafttreten des Flüchtlingsabkommens zwischen Brüssel und Ankara sitzen als dessen Folge mehr als 8000 Schutzsuchende auf den griechischen Inseln fest, so die Organisation in einer Mitteilung. Darunter befänden sich hunderte unbegleitete Minderjährige und viele Familien, die vor den Kriegen im Nahen und Mittleren Osten geflohen seien. Sie würden oft monatelang in überfüllten Lagern festgehalten und müssten mit der Abschiebung in die Türkei rechnen. »Der EU-Türkei-Deal ist kein Erfolg, wie die deutsche Regierung behauptet. Er versucht nur, Notleidende aus Europa fernzuhalten«, so Westphal. »Vielmehr ist er ein gefährlicher Präzedenzfall für die Politik anderer Staaten jenseits der EU. Wir sehen schon jetzt einen Dominoeffekt geschlossener Grenzen.«

Ärzte ohne Grenzen finanziert sich nach eigenen Angaben zu 92 Prozent aus Privatspenden. Der Anteil institutioneller Gelder liege bei knapp sieben Prozent. Im vergangenen Jahr erhielt die Organisation demnach 19 Millionen Euro von EU-Institutionen, 37 Millionen Euro von EU-Mitgliedstaaten und 6,8 Millionen Euro von Norwegen, von dem ebenfalls keine Gelder mehr angenommen werden. Vom Auswärtigen Amt habe Ärzte ohne Grenzen 2015 zudem 3,9 Millionen Euro für Projekte in fünf afrikanischen Ländern erhalten, heit es weiter. Für das laufen Jahr seien Finanzierungsverträge über vier Millionen Euro für Projekte in fünf Staaten in Afrika abgeschlossen worden, die noch erfüllt wurden. nd/epd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal