Gut erzogen, aber nicht doof
Silvia Ottow über das Wahlgeschenk an die gesetzlich Krankenversicherten
Es steckt noch immer eine Menge Geld im Gesundheitsfonds, da kann man sich nur wundern. Eigentlich war das komische Konstrukt, in dem die Beiträge der Krankenversicherten mit denen der Arbeitgeber und den Steuerzuschüssen des Staates seit ein paar Jahren zusammengemischt werden, ja als Familiensparstrumpf für den Krankheitsfall gedacht. Doch immer öfter kam es vor, dass ein paar Milliarden herausgenommen wurden, wenn man sie für irgendetwas anderes im Haushalt brauchte. Das sparen knapp 60 Millionen Beitragszahler schnell wieder zusammen, hat man sich da wohl gedacht. Die sind nicht nur sparsam, sondern auch gut erzogen. In der Regel haben sie viel Verständnis, wenn ihnen die Kassen wieder einmal irgendeine Leistung streichen, dafür aber die Zusatzbeiträge erhöhen.
Damit das der Regierung im Wahljahr 2017 nicht auf die Füße fällt, will sie schnell mal 1,5 Milliarden an die Kassen überweisen. Warum nicht gleich alles, was sie zuletzt herausgeklaut haben? Und warum braucht man die Flüchtlinge als Begründung dafür, die bisher größtenteils nicht Mitglied der gesetzlichen Kassen sind und keine Leistungen von ihr bekommen? Liebe Damen und Herren aus der Großen Koalition, vielleicht sind ja einige gesetzlich Krankenversicherte wirklich krank und einige sind vielleicht wirklich ein bisschen vergesslich. Aber doof, nein doof sind sie nicht.
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