Keine Rücksicht auf Kranke
Flüchtlingsinitiativen werfen Sachsen brutale Abschiebepraxis vor
Dresden. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl und der sächsische Flüchtlingsrat haben die verschärfte Abschiebungspraxis in Sachsen kritisiert. Innenminister Markus Ulbig (CDU) wolle vor allem hohe Abschiebezahlen verkünden und nehme dafür auch Trennungen von Familien und die Gefährdung der Gesundheit in Kauf, kritisierten die Initiativen am Montag in einer in Frankfurt am Main verbreiteten gemeinsamen Erklärung. Kaum irgendwo werde derzeit »so brutal abgeschoben wie in Sachsen«. Dem Minister werfen die Flüchtlingsinitiativen vor, sich gegenüber der Partei AfD und der rassistischen Pegida-Bewegung als »handlungsfähiger Politiker profilieren« zu wollen. Fälle von April und Mai belegten, dass sächsische Behörden bei der Abschiebung auch Familientrennungen hinnehmen.
Nach Ansicht der Initiativen verstoßen sächsische Gerichte gegen das Grundgesetz, das den Schutz der Familie festschreibt, sowie gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Zum Beispiel hätten bei einer Familie aus Mazedonien nachts etwa 20 sächsische Beamte vor der Wohnungstür gestanden, um die herzkranke Mutter mit den drei jüngsten Kindern abzuschieben. Wegen der Stresssituation sollte die Frau zwar noch vor dem Abflug ärztlich untersucht werden. Sie habe jedoch »in den letzten Stunden in Deutschland keinen Arzt mehr zu Gesicht bekommen, nicht einmal für eine Untersuchung zur Flugfähigkeit«, hieß es. Die Behörden hätten damit einen Herzinfarkt der Mutter in Kauf genommen.
Abschiebungen bei Nacht und Nebel ohne Ankündigung eines konkreten Termins würden zwar auch außerhalb Sachsens zunehmen. Der Freistaat scheine jedoch häufiger Abschiebungen zu vollziehen, bei denen Familien getrennt werden. Mehrere Fälle seien den Initiativen bereits bekannt, hieß es. epd/nd
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