Spiele ohne Ende

Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten berichten so viel wie noch nie von Olympia - und geben dafür viel Geld aus

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 3 Min.
Mehr als 320 Stunden berichten ARD und ZDF live aus Rio. Es könnte das letzte Mal sein: Für die nächsten Olympischen Spiele besitzen sie noch keine Übertragungsrechte.

Wer gerne Olympia schaut, kommt bei den Spielen in Rio voll auf seine Kosten. Und wer nicht, hat das Nachsehen, zumindest bei den öffentlich-rechtlichen TV-Sendern. Rund 325 Stunden übertragen ARD und ZDF im täglichen Wechsel live aus Brasilien. Damit weiten die beiden Sender ihr Programm gegenüber den Spielen von London noch einmal aus. Dort kamen sie vor vier Jahren gemeinsam auf 260 Stunden. Die Übertragung der Sender beginnt täglich zwischen 12.30 und 13.30 Uhr. Wegen der Zeitverschiebung von fünf Stunden nach Rio enden die letzten Wettkämpfe gegen 5 Uhr in der Frühe. Im Morgenmagazin und in der Höhepunktsendung zwischen 9 und 12 Uhr werden die Sportereignisse zusammengefasst, so dass die Highlights der vergangenen Nacht angeschaut werden können.

Über das reguläre TV-Programm hinaus vergrößern die beiden Sender auch ihr Onlineangebot. Auf bis zu sechs parallelen Livestreams können Zuschauer Wettkämpfe in voller Länge anschauen, die meisten von ihnen mit Kommentar. Zusätzlich werden die Eröffnungs- und die Schlussfeier sowie ausgewählte Wettkämpfe live in 360-Grad-Rundumblick und in »Virtual Reality«, also in 3D, übertragen. Für letzteres wird allerdings eine spezielle VR-Brille benötigt.

Angewandt wird die neue Übertragungstechnik vor allem bei den Leichtathletikwettkämpfen, wie gewohnt einer der Schwerpunkte in der Olympiaberichterstattung. Hier, wie bei der anderen Kernsportart Schwimmen, werden ARD und ZDF zusätzliche Kameras aufstellen und so neben dem Weltbild eigene Bilder senden. Ein weiterer Fokus der Berichterstattung liegt auf den Mannschaftssportarten Fußball und Hockey, bei denen sowohl die deutschen Männer und Frauen antreten. Auch die Handballer werden bei all ihren Spielen zu sehen sein.

Dafür greifen die Sendeanstalten tief in die Tasche. Geschätzte 20 Millionen Euro an Produktionskosten werden wohl anfallen; genaue Angaben machen weder das Erste noch das Zweite. Technisch und personell wollen beide enger zusammenarbeiten. Dafür teilen sie sich das Olympia-Studio, auch die 480 Mitarbeiter vor Ort werden für beide Sender gleichermaßen aktiv sein. Damit bleibt deren Anzahl gegenüber London gleich. Wie das Programm ausgeweitet wurde, wird sich wohl auch das Arbeitspensum der Mitarbeiter vergrößern.

Für ARD und ZDF könnten die Spiele von Rio die letzten gewesen sein. Das US-Unternehmen Discovery erwarb für die Olympischen Spiele 2018 bis 2024 sämtliche Fernseh- und Multiplattform-Übertragungsrechte. Dafür zahlte die Muttergesellschaft des Senders Eurosport im vergangenen Sommer 1,3 Milliarden Euro an das Internationale Olympische Komitee. ARD und ZDF bieten bisweilen 100 Millionen Euro für Sublizenzrechte für die Spiele 2018 und 2020, laut »Managermagazin« sind die Verhandlungen wegen einer Differenz von 50 Millionen Euro derzeit festgefahren.

Zuletzt hatte Jean-Briac Perette, bei Discovery für das internationale Geschäft zuständig, damit gedroht, die Spiele über den eigenen Sender Eurosport alleine abwickeln zu können. In der »FAZ« erhöhte er den Druck auf die deutschen Sendeanstalten, in denen er ihnen vorwarf, nicht an der Liveberichterstattung interessiert zu sein. Ein Vorwurf, den ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky zurückweist. ARD und ZDF hoffen weiterhin auf eine Übereinkunft zu »fairen und vertretbaren Konditionen«. Sollten sich die Öffentlich-Rechtlichen nicht mit Discovery einigen, wären die Winterspiele 2018 in Pyeongchang in Südkorea die ersten in der Geschichte, in denen die beiden nicht live vom Weltfest des Sports berichten.

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