Nachrufe
Willibald Böck
30. 12. 1946 - 2. 8. 2016
»Alles konnte Böck ertragen, ohne nur ein Wort zu sagen. Aber wenn er dies erfuhr, ging’s ihm wider die Natur.« Ein Busch-Reim. Könnte der Eichsfelder, den man bisweilen »Willi, den Hammer« nannte, manchen Nachruf seiner Yuppy-CDU-Parteifreunde hören, er wäre in genau solcher Stimmung.
An diesem Samstag wird Willibald Böck in seinem Heimatort Bernterode bei Worbis beigesetzt. Er war katholisch, verheiratet, hatte fünf Kinder und an der PH Erfurt das Diplom eines Deutsch- und Kunsterziehungslehrers erworben. Zwischen 1984 und 1990 machte er den Bürgermeister in seiner Gemeinde, ließ sich 1990 in die letzte DDR-Volkskammer wählen, wurde Vizelandrat, war von November 1990 bis 1992 Innenminister in Thüringen und CDU-Landeschef. Doch: Er hielt bei einem Raststättendeal die Hand auf - für seine Partei - und renovierte sein Haus auf Staatskosten. Später bezichtigte ihn eine Bahn-Tochter, der falschen Beratung.
Zufriedener war er wohl als Galerist und Maler. Seine Bilder hingen im Landtag ebenso wie beim Zahnarzt. Manch Nachbar wird den Schnauzbärtigen mit Pfeife im Gedächtnis behalten. Einmal gewann er sogar mal einen Langzeitraucher-Wettbewerb. Ganze zwei Minuten fehlten an der vollen Stunde. So war das irgendwie immer bei ihm. hei
Ahmed Zewail
26. 2. 1946 - 2. 8. 2016
Was eine Femtosekunde ist, muss man wissen, um die wissenschaftliche Leistung von Ahmed Zewail zu verstehen: Eine Femtosekunde ist so kurz, dass Lichtwellen in dieser unvorstellbar winzigen Zeitspanne nicht einmal einen Tausendstelmillimeter zurücklegen können. Zewail, geboren und aufgewachsen in Nordägypten, dann ein Forscherleben lang in den USA, hat eine Methode entwickelt, in nur einer Femtosekunde Molekülbewegungen zu beobachten. Das legte den Grundstein für eine neue Sparte der Chemie, die Femtochemie, und brachte ihm 1999 den Nobelpreis. Als erstem und bisher einzigem Araber.
Zewail war ein Mittler zwischen den Welten. In den USA gehörte er zu Obamas Beraterstab und setzte sich für Fairness im Umgang mit der arabischen Welt ein. In seiner Heimat forderte er eine Bildungsoffensive, einen »Bildungsdschihad«, auch gegen den Missbrauch des Islam. Schon Präsident Mubarak hatte ihn zum Volkshelden ausgerufen; wahrhaft populär machte ihn indessen der Nobelpreis. Nach seinem Tod schmückte sich auch der aktuelle Präsident al-Sissi mit Zewails Ruhm und nannte ihn einen treuen Sohn Ägyptens. wh
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