Die Renaissance der »Heuler«

Thüringen will die Anschaffung von Sirenen fördern / Einsatz auch bei Hochwassergefahr

  • Lesedauer: 3 Min.
Sie heulen auf, wenn es brennt oder Autos verunglücken: Sirenen alarmieren Feuerwehren im Ernstfall. In Thüringen will man diesbezüglich nun ganz neue Wege gehen.

Altenburg. In Thüringen könnten in den nächsten Jahren noch mehr Sirenen bei Gefahren aufheulen. Nach Angaben des Innenministeriums will das Land die Anschaffung weiterer »Heuler« fördern. Eine entsprechende Richtlinie für Zuschüsse befinde sich derzeit in der Abstimmung, sagte ein Sprecher der dpa. Sie sollen nicht nur Einsatzkräfte von Feuerwehren im Ernstfall alarmieren, sondern auch die Thüringer warnen, wenn sich gefährliche Lagen ergeben. Einen Bedarf sieht das Ministerium vor allem in Kommunen entlang von Flüssen mit einer hohen Hochwassergefahr und im Umfeld von gefährlichen Betrieben.

Ob künftig mehr Sirenen in den Dörfern und Städten angebracht werden, entscheiden letztlich die Kommunen selbst. Sie sind laut Katastrophenschutzgesetz dafür zuständig. Nach einer Umfrage unter Landkreisen werden diese Warnsysteme nahezu flächendeckend eingesetzt. 118 sind es allein Kreis Altenburger Land. Auch dort könnten es bald mehr werden. Ein Gutachten solle nun klären, ob die Zahl der Sirenen ausreiche, berichtete der Leiter für Ordnungsangelegenheiten im Landratsamt, Ronny Thieme. Vor allem entlang der Flüsse Sprotte und Pleiße will der Kreis untersuchen lassen, ob die »Heuler« überall wahrgenommen werden. Der Landkreis, der nach Behördenangaben von Flüssen und Bächen mit einer Gesamtlänge von 400 Kilometern durchzogen wird, wurde 2002, 2011 und 2013 von Überschwemmungen heimgesucht. »Entsprechend der Haushaltslage könnten Mittel bereitgestellt werden«, verweist Thieme auf begrenzte Spielräume bei den Finanzspritzen.

Die meisten Sirenen senden ohrenbetäubende auf- und abschwellende Heul-Töne aus. Im Altenburger Land soll ein zweiter Ton hinzukommen. »Wir bauen ein weiteres Modul ein«, kündigte Thieme an. Das Modul soll die Einwohner im Altenburger Land bei Hochwasser, Stürmen, Erdbeben und schlimmen Unfälle warnen. Dann könnten Menschen akustisch unterscheiden, ob die Feuerwehr wegen eines Brandes oder Unfalls auf der Straße ausrückt oder ob andere Gefahren drohen. Bis zum frühen Herbst solle der Ton aufgespielt sein, erklärte der Leiter.

Im Kreis Hildburghausen beobachtete Kreisbrandinspektor Michael Friedel einen leichten Anstieg bei der Zahl der Sirenen. »Vor allem kleinere Feuerwehren lassen darüber die Einsatzkräfte alarmieren«, erklärte er. Größere Wehren und die im Hauptberuf Brände löschen, etwa in Erfurt oder Eisenach, werden von sogenannten Piepern informiert. Das sind kleine Geräte, die an der Hose getragen werden können und im Ernstfall Alarm schlagen, wenn die Rettungsleitstelle ihn entsprechend auslöst.

»Die Sirene hat sich bewährt«, ist Friedel überzeugt. Im Zeitalter von Smartphones seien aber auch andere Wege möglich. Der Kreisbrandinspektor verweist auf die Notfall-App Katwarn, die bundesweit von rund 1,5 Millionen Menschen genutzt wird. Im Kreis Hildburghausen seien aber nur 2100 Nutzer registriert - bei knapp 65 000 Einwohnern. 180 Personen lassen sich Friedel zufolge über SMS warnen. »Die Sirene bleibt deshalb ein wichtiges Instrument.«

Im Kreis Nordhausen verfügten alle Gemeinden und Städte über Sirenen, bis auf die Stadt Nordhausen, die eine Berufsfeuerwehr hat, erklärte der Leiter der Rettungsleitstelle, Tobias Mielke. Die Zahl der »Heuler«, die in den Vorjahren im Kreis außer Betrieb genommen wurden, »ist nicht der Rede wert«, sagte er. Auch im Kreis Greiz sind sie noch in der Fläche vorhanden. »Als Wegfunktion sind sie nicht wegzudenken«, sagte Kreisbrandinspektor Stephan Junghans. »Wenn sie aufheulen, haben die Leute einen Grund, aus dem Haus zu gehen und zu gucken.«

Im Landkreis Greiz werden die Sirenen von der Leitstelle zentral ausgelöst. Früher gab es in den Ortschaften kleine Kästen mit einem Druckknopf, um Alarm zu schlagen. »In Orten mit mehreren Sirenen war nicht ganz klar, von welcher der Alarm kam«, erklärte Junghans. Über den Notruf 112 könne das besser koordiniert werden. dpa/nd

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