Bartsch: EU-Hilfen für die Türkei »sofort einfrieren«

LINKEN-Fraktionschef fordert von der Bundesregierung klarere Distanzierung und Maßnahmen gegen die Politik Ankaras

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Der Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, hat der Bundesregierung Versagen in der Türkei-Politik vorgeworfen. Berlin müsse zu den Ereignissen eine klare Haltung zeigen. Scharfe Kritik äußerte Bartsch an den Äußerungen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, wonach der Flüchtlingsdeal mit Ankara trotz der aktuellen Entwicklungen weiterhin bestand habe. »Es gibt seit Wochen eine blutige Verfolgung der Kurden, Erdogan baut eine Präsidialdiktatur auf, es gibt Massenverhaftungen, also Haftbefehle gegen Journalistinnen und Journalisten, da finde ich, ist es völlig inakzeptabel zu sagen, ja, dieses Abkommen wird beidseitig fortgeführt«, so der LINKEN-Politiker im Interview mit dem Deutschlandfunk.

Bartsch forderte, Brüssel müsse die EU-Prä-Beitrittshilfen für Ankara »sofort einfrieren«. Bei den Geldern, von denen allein zwischen 2007 und 2013 fast 4,8 Milliarden Euro an die Türkei überwiesen wurden, geht es darum, das Land bei einem möglichen EU-Beitritt zu unterstützen. Auch in Zukunft sind trotz aller Debatten über einen Abbruch der Verhandlungen weitere Milliardenhilfen derzeit geplant. Zwischen 2014 und 2020 will Brüssel 4,453 Milliarden Euro »Heranführungs- oder Vorbeitrittshilfe« zahlen. Besonders ein großer Posten dürfte dabei die Gemüter erregen: Mit allein 1,5 Milliarden Euro wolle die EU den Ausbau des Rechtsstaates und die Sicherung der Menschenrechte in der Türkei fördern. »Es kann nicht sein, dass das weitergeht«, so Bartsch.

Die Bundesregierung müsse ihrerseits alle Möglichkeiten nutzen, um gegenüber dem türkischen Präsidenten Erdogan Druck aufzubauen. »Frau Merkel spricht von Verhältnismäßigkeit, und das in einer Situation, wo eine Diktatur aufgebaut wird«, warnte der Linksfraktionsvorsitzende. In diesem Zusammenhang wiederholte Bartsch die Kritik seiner Partei am Flüchtlingsabkommen mit der Türkei, durch welches die Bundesregierung und die EU erpressbar geworden seien. »Dieses Flüchtlingsabkommen war von Anfang an falsch und ich glaube auch, dass es letztlich die Probleme nicht lösen wird«, so Bartsch.

Der LINKEN-Politiker warnte allerdings auch davor, die diplomatischen Bemühungen einzustellen. »Gleichzeitig ist völlig klar, dass man weiter reden muss. [...] Wir können doch nicht gegen die Türkinnen und Türken agieren, es gibt doch viele Menschen, die auch Erdogan nicht gewählt haben, die sich jetzt nicht mehr trauen, die müssen wir doch stärken, die Zivilgesellschaft.« rdm

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