Linke: Merkel soll Druck auf Konzerne machen

Riexinger fordert Kehrtwende in der Arbeitsmarktpolitik / Kanzlerin soll Unternehmen in die Pflicht nehmen

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Berlin. Linksparteichef Bernd Riexinger hat Kanzlerin Angela Merkel aufgerufen, von den deutschen Konzernen mehr gesellschaftliche Verantwortung einzufordern. »Merkels 'Wir schaffen das' muss sich endlich auch an private Konzerne richten«, sagte Riexinger am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. »Eine Kehrtwende in der Arbeitsmarktpolitik ist dringend notwendig.« Eine Million Langzeiterwerbslose und mehr als vier Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-Beziehende seien der Beweis dafür, »dass die Konzerne offenbar ohne Druck nicht bereit sind, Menschen mit erhöhtem Ausbildungsbedarf eine Chance zu geben«, kritisierte Riexinger. »Millionen Menschen sind erwerbslos, qualifizierte Flüchtlinge werden nicht eingestellt und die Konzernchefs schwadronieren über einen Mangel an Fachkräften. Unglaubwürdiger geht es nicht.«

Merkel hat die Vorstandschefs großer deutsche Konzerne der »Bild«-Zeitung zufolge zu einem Treffen am 14. September ins Kanzleramt eingeladen. Dem Bericht zufolge soll es dabei um eine bessere Integration der Geflüchtete in den Arbeitsmarkt gehen. Die Kanzlerin will demnach die Unternehmen dazu bewegen, mehr Lehrstellen und Jobs für Geflüchtete anzubieten.

»Die Bundeskanzlerin hat die Aufgabe, die wirtschaftlich und politisch mächtigen Konzerne in die Pflicht zu nehmen: Die Entscheidungen großer Unternehmen dürfen sich nicht länger an den Renditewünschen statt am Wohl der Allgemeinheit orientieren«, sagte Riexinger. »Es ist höchste Zeit für mehr Demokratie, auch in der Wirtschaft.« Konzerne in Deutschland profitierten »massiv« von Steuererleichterungen und hervorragenden Produktionsbedingungen, fügte der Linkenchef hinzu. »Sie müssen im Gegenzug gesellschaftliche Verantwortung übernehmen.« Dazu gehören nach Ansicht Riexingers Programme, die Langzeiterwerbslose berücksichtigten, erfahrene Beschäftigte nicht »aufs Abstellgleis schicken« und jungen Menschen eine dauerhafte Perspektive bieten.

Er erwarte sich von dem Treffen im Kanzleramt aber »nicht allzu viel«, so lange die Bundesregierung »mit schlechtem Beispiel vorangeht, indem sie Langzeiterwerbslose mit Ein-Euro-Jobs und Geflüchtete für 80 Cent die Stunde gegeneinander ausspielt«, sagte Riexinger. Die Bundesregierung hat die Schaffung von 100.000 Arbeitsgelegenheiten für Geflüchtete angekündigt, um sie an den deutschen Arbeitsmarkt heranzuführen. Die Asylbewerber sollen aber nur eine Entlohnung von 80 Cent pro Stunde erhalten.

Für einen »besseren Zugang« zum Arbeitsmarkt soll angeblich auch das Anfang August in Kraft getretene Integrationsgesetz sorgen. Schutzsuchende, die eine Ausbildung anfangen, sollen während der gesamten Lehre und - sofern sie einen Job finden - auch mindestens zwei Jahre danach im Land bleiben dürfen. Eine große Hürde bei der Jobsuche - die »Vorrangprüfung«, die Bewerber mit deutschem oder EU-Pass bevorzugt - fällt drei Jahre lang in vielen Regionen weg. Agenturen/nd

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