Wegmarken des Wahnsinns
Erster Prozess in Den Haag wegen kriegsverbrecherischer Kulturzerstörung
Berlin. Spitzhacken, Stahlstangen und Vorschlaghämmer; aber auch Sprengstoff und Bulldozer: Es gibt der Möglichkeiten und Instrumente viele, Werke und Zeugnisse, die Menschen vor Jahrhunderten und Jahrtausenden schufen, in Staub und Trümmer zu verwandeln. Wegmarken dieser Wahnsinnstaten: die zerschlagenen Buddha-Statuen von Bamiyan in Afghanistan, die im Norden Iraks zerschmetterten Jahrtausende alten Statuen von Ninive, die Zerstörung des Triumphbogens und grandioser Tempel in der syrischen Wüstenstadt Palmyra. Besessen von ihrer religiös-historischen Mission, ziehen die Terrortrupps durch die Stätten des Menschheitserbes und hinterlassen sie als Schutthalden, die nun Zeugnis geben vom wiedererwachten Willen zur Macht des Geist- und Erinnerungslosen.
Die Islamisten in Mali machten sich 2012 über Heiligtümer der Sufis her, einer mystischen Strömung des Islams, die von fundamentalistischen Gruppen abgelehnt wird. Marodierend und verheerend zogen sie durch das sagenhafte Timbuktu, zerschlugen Grabmäler, zerhackten Mauern. Am Ende blieben Haufen von Steinen. In weniger als zwei Wochen waren zehn der bedeutendsten Gebäude der Wüstenstadt zerstört.
Ab diesem Montag steht der mutmaßliche Täter in Den Haag vor dem Internationalen Strafgerichtshof: Ahmad al Faqui al Mahdi muss sich wegen der Zerstörung von Kulturgut verantworten, mithin wegen eines Kriegsverbrechens. Er ist der erste Islamist vor dem Weltstrafgericht und der erste Angeklagte aus Mali. Die Terrorgruppe Ansar Dine fand in ihm einen willigen und einfallsreichen Berater. So soll er einen Plan zur Zerstörung von Mausoleen und Moscheen mitentwickelt haben. Mahdi organisierte Zerstörungswerkzeug und schrieb auch eine Predigt zur Rechtfertigung der Barbarei. nd Tagesthema Seite 2
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