Neue Eile am Pankower Tor

Städtebaulicher Rahmenvertrag soll zügig unterschrieben werden

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es gab das erste Verfahren, dann das zweite Planungsverfahren, dann das dritte.« Möbelmillionär Kurt Krieger könnte noch lange so über die Planungsgeschichte zur Bebauung des ehemaligen Pankower Güterbahnhofs weiterreden. 1000 Wohnungen, ein Einkaufszentrum und große Möbelmärkte sollen dort laut jetzigem Stand errichtet werden.

»Wir haben alles verhandelt, was verhandelt werden musste. Der Vertrag ist unterschriftsreif. Und wir werden ihn auch in dieser Form zügig unterschreiben«, sagt Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) an diesem Montag. Das ist erstaunlich. Denn am Freitag noch berichtete Krieger, dass im Hinblick auf die kommenden Wahlen mit der Unterschrift gewartet werde. An diesem Tag besuchte LINKEN-Fraktionschef Udo Wolf mit Katrin Lompscher, der Bauexpertin der Linksfraktion, das Gelände.

Seit über einem Jahrzehnt wird über das 500 Millionen Euro schwere Projekt diskutiert. Im März stellte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) die Pläne vor. Weiterhin laufen die Arbeiten an der Änderung des Flächennutzungsplans sowie der Aufstellung des deutlich konkreteren Bebauungsplans.

Ganz im Westen des 40 Hektar großen Geländes, am Bahnhof Pankow, soll eine Grundschule entstehen. Ganz im Osten, am Bahnhof Pankow-Heinersdorf, soll eine Oberschule gebaut werden. Allerdings gibt es neue Zweifel an dem Standort. Grund sind vor allem Sorgen über mögliche Altlasten auf dem Gelände.

Auch der denkmalgeschützte, inzwischen jedoch recht ruinöse Rundlokschuppen soll in den Komplex integriert werden. »Wie genau, darum muss ich mich nicht kümmern«, tut Krieger frohgemut kund.

Sein Auftrag für das Grundstück lautet, es altlastenbefreit zu übergeben. Er habe einen Abrissantrag für den denkmalgeschützten Teil der ehemaligen Bahnbetriebsanlagen gestellt. Nicht etwa, weil er die Gebäude weghaben wolle. »Ich möchte, dass das Land sich Gedanken über die Weiternutzung macht«, begründet er den Schritt. Erhalten werden solle auch das sich anschließende Kleingartenareal. »Ich möchte eine starke Verflechtung von Kleingärten und Grün.«

Im Herzen der jetzigen Brache zwischen Granitzstraße und Bahnstrecke soll das Wohngebiet entstehen. »Ich persönlich habe lange gehadert, wohnen direkt an den Gleisen zu akzeptieren«, berichtet Krieger. »Herr Geisel ist ein wirklich freundlicher Mensch, er will aber wirklich viele Wohnungen auf der Fläche unterbringen«, sagt der erfahrene Grundstücksentwickler. Ein Viertel der Wohnungen soll für 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet werden, das gilt für den Senat als sozial. Im März war allerdings noch von 5,50 Euro Kaltmiete die Rede.

Das vorgesehene Einkaufszentrum schließt sich westlich an. Es soll auf bis zu 30 000 Quadratmetern Fläche die Berliner Straße als Ortszentrum ergänzen. An der Prenzlauer Promenade möchte Krieger seine Möbelmärkte errichten.

»Gerade über die Handelsflächen ist das letzte Wort noch nicht gesprochen«, sagt Katrin Lompscher. Sie sieht durchaus viel Gutes in den Plänen. Zum Beispiel, dass auf die ursprünglich geplante Ost-West-Straßenverbindung verzichtet wird. »Ich begrüße auch das vorgesehene kompakte Wohngebiet als Verbindungsglied zwischen den Quartieren nördlich und südlich des Geländes«, sagt sie. Neue Querungen der Bahnstrecke für Fußgänger und Radler sollen das ermöglichen. Auch, dass eine Straßenbahntrasse freigehalten wird, verbucht sie auf der Habenseite. Wirklich bauen will sie der Senat im Moment allerdings nicht.

»Bebauung muss sozial verträglich sein«, mahnt Udo Wolf. Er freue sich, dass Krieger Stadtentwicklungsprojekten gegenüber sehr aufgeschlossen sei. Lompscher wünscht sich deutlich mehr preisgebundenen Wohnraum, und den auch günstiger. Bisher wolle Krieger das jedoch nicht. »Wenn Wohnungsbau passiert, müssen alle etwas davon haben«, so Lompscher. Und die Planungen sollten natürlich transparent unter Bürgerbeteiligung vorangetrieben werden. »Bisher sind das ja eher Geheimverhandlungen.«

Krieger hat einen langen Atem. »In Hamburg hat es auch 17 Jahre gedauert, bis ich bauen konnte«, berichtet er. Selbst wenn der Vertrag unterschrieben ist, gilt es noch einen Flächennutzungs- und Bebauungsplan zu beschließen.

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