Eine wie der andere
Klaus Joachim Herrmann über Hillary Clintons Wählerbeschimpfung
Hillary Clintons laue Abschwächung, sie habe zu sehr verallgemeinert, rettet sie nicht. Abgesehen einmal von der eigenen notorischen Unbeliebtheit, hat die demokratische Wahlkämpferin nun wohl ihren ersten wirklich schweren Fehler begangen. Beleidigende Wählerschelte noch vor dem Votum irritiert selbst im eigenen politischen Lager. Es erscheint doch zu arg und vor allem abschreckend, die Hälfte der Parteigänger des Konkurrenten angewidert in einen »basket of deplorables«, in einen Korb der - und hier sprudeln die Synonyme - Erbärmlichen, Beklagenswerten, Unseligen usw. auszusortieren.
Bei jeder Deutung lässt sich der selbstgefällige Hinweis ableiten, die so Gescholtenen seien zu dämlich für das Vorhaben Präsidentenwahl oder dessen schlicht unwürdig. Das mag sich denken lassen, doch öffentlich spricht man den Wahlberechtigten besser nicht den Wert ihrer Stimme ab - schon gar nicht vor einem schicksalhaften Urnengang.
Das (Spiegel-)Etikett »Demokratin durch und durch« klebt nicht mehr gut. Es hilft auch nicht, dass Gegenspieler Donald Trump selbst ein übler Grobian und skrupelloser Beschimpfer ist. »Der ist eben so«, sagen viele Betrachter. Aber Hillary Clinton sollte und wollte anders sein - oder ist sie es doch nicht? Allein schon diese Frage kann sie viele, vielleicht zu viele Stimmen kosten. »Hillary hatte gerade ihren 47-Prozent-Moment«, twitterte Trump fröhlich.
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