Olympia auf verstrahltem Gelände

Die Sommerspiele in Tokio werden für Thomas Bach und das Internationale Olympische Komitee immer mehr zum Problemfall

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Olympischen Spiele 2020 in Tokio werden für das Internationale Olympische Komitee (IOC) offenbar immer mehr zum Problemfall. Neben den explodierenden Kosten kamen während des Tokio-Besuches von IOC-Präsident Thomas Bach Gerüchte auf, dass das IOC einen Teil der Olympia-Wettkämpfe bei den Spielen 2020 aus Kostengründen nach Südkorea verlegen will. Vor 100 Journalisten erlaubte Bach keine Fragen dazu, eine Pressekonferenz wurde abrupt beendet.

Der deutsche Chef des Internationalen Olympischen Komitees hatte am Mittwoch mit Japans Premierminister Shinzo Abe darüber beraten, einige Wettkämpfe in Fukushima stattfinden zu lassen, darunter Baseball und Softball. Die Region war 2011 von einem schweren Erdbeben erschüttert und einem Tsunami getroffen worden, in dessen Folge es zu einer Kernschmelze im dortigen Atomkraftwerk kam. Die genauen Ausmaße der Verstrahlung sind bis heute nicht bekannt, die Aufräumarbeiten am betroffenen Reaktor dauern an. Auch wenn die Japanische Regierung behauptet, in Fukushima gebe es keine Gefahr mehr, zweifeln viele Atomexperten an der Aussage.

»Ein Baseballeröffnungsspiel mit einer japanischen Mannschaft wäre eine sehr starke Botschaft, aber das ist nicht die einzige Option, die wir diskutieren«, sagte Bach nach dem Gespräch mit dem Premier. Abe stehe der Idee wohlwollend gegenüber, die nun in der IOC-Exekutive und mit den Olympiaorganisatoren besprochen werden solle.

Bach sprach sich dafür aus, bei den geplanten Gesprächen über eine Reduzierung der hohen Kosten wie vereinbart nur Vertreter von IOC, Organisatoren, der Region Tokio und der japanischen Regierung einzubeziehen. Tokios neue Gouverneurin Yuriko Koike hatte dagegen vorgeschlagen, auch internationale und nationale Sportfachverbände mit an den Tisch zu holen. Es bleibe bei der am Dienstag getroffenen Übereinkunft, betonte Bach indes.

Die Ausgaben für die Spiele könnten laut einem von Koike eingesetzten Expertengremium von den zunächst geplanten umgerechnet 6,1 Milliarden Euro auf mehr als 26,5 Milliarden Euro ansteigen. Dem Gremium zufolge geht es dabei vor allem um Pläne für den Neubau von Austragungsorten für Volleyball-Spiele, Schwimmwettkämpfe sowie Ruder- und Kanurennen.

Am Dienstag hatten Berichte für Aufsehen gesorgt, die Ruderwettbewerbe könnten womöglich nicht nur gut 400 Kilometer entfernt von Tokio stattfinden. Das IOC erwäge sogar, sie nach Südkorea zu verlegen. Japans Olympiaministerin Tamayo Marukawa sagte Journalisten, sie könne die Berichte nicht bestätigen. Der Ruder- und der Kanuverband Japans riefen dazu auf, die Rennen in Tokio auszutragen.

Sowohl das Sportministerium als auch das Nationale Olympische Komitee Südkoreas (KOC) versicherten allerdings, dass es bislang noch keine Kontaktaufnahme seitens des IOC gegeben habe. 1988 war Seoul Ausrichter der Sommerspiele, momentan laufen die Vorbereitungen für die Winterspiele 2018 in Pyeongchang. »Wenn das IOC einen Vorschlag machen will, würden sie wahrscheinlich erst den Veranstaltungsort direkt kontaktieren«, sagte ein KOC-Funktionär. Chungju in Südkorea war vor drei Jahren Austragungsort der Ruderweltmeisterschaften.

Bach erinnerte daran, dass bei allen Sparmaßnahmen nicht die ursprünglichen Bedingungen vergessen werden dürften, unter denen Tokio vor drei Jahren den Zuschlag für die Spiele erhalten habe. »Tokio und Japan gewannen, weil sie ein sehr überzeugendes Konzept präsentierten«, so der IOC-Chef. »Ich denke, es ist im Interesse Japans, des IOC und Tokios, dass wir die Wettbewerbsregeln nicht nach der Wahl ändern. Denn wir alle wissen, dass das japanische Volk und die Einwohner Tokios verlässliche Partner sind, die ihr Versprechen einhalten.« Agenturen/nd

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